Zweck dieses Artikels ist die Darbietung von Informationen in Bezug auf eine spezifische Rechtsform des Geschäftsbetriebs innerhalb der Europäischen Union, und zwar der europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung, kurz EWIV. Die Rechtsvorschriften dazu sind auf europäischer Ebene durch die Verordnung (EWG) 2137/85 des Rates vom 25. Juli 1985 über die Schaffung einer Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) festgelegt, d. h. dass die Mitgliedstaaten zur Verabschiedung innerstaatlicher harmonisierter Normen in ihren nationalen Rechtssysteme nicht berechtigt, sondern zur Anwendung der in der Verordnung verankerten Vorschriften verpflichtet sind. Trotzdem verweist die Verordnung in gewissen Aspekten auf das innerstaatliche Recht des entsprechenden Staates, das den Staaten wiederum die Freiheit zur Regelung der Materie unter Berücksichtigung ihrer länderspezifischen Gegebenheiten in Bezug auf die Registrierungsverfahren in den entsprechenden Registern einräumt.
I. Rechtsnatur
Wie bereits erwähnt, ist die europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung auf der Ebene der Europäischen Union durch die europäische Verordnung geregelt, jedoch ist nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung das innerstaatliche Recht des Staates anzuwenden, in dem die Vereinigung nach dem Gründungsvertrag ihren Sitz und Geschäftsanschrift hat. Es ist wichtig zu vermerken, dass der Zweck dieser Vereinigung nicht das Erzielen eines Gewinns - wie etwa bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung der Fall ist - für sich selbst ist, sondern die Erleichterung der wirtschaftlichen Tätigkeit der sie gründenden Mitglieder, d. h. dass sie eine Hilfstätigkeit übernimmt. Ein weiteres Merkmal ist, dass die Vereinigung keine Kontrollmacht über die eigenen Tätigkeiten ihrer Mitglieder ausüben, keine Anteile oder Aktien an einem Mitgliedsunternehmen halten sowie nicht mehr als fünfhundert Arbeitnehmer beschäftigen darf. Wesentliches Merkmal dieser Rechtsform, das sie von der Gesellschaft mit beschränkter Haftung abhebt, ist, dass die Mitglieder der Vereinigung unbeschränkte und gesamtschuldnerische Haftung für ihre Verbindlichkeiten tragen. In dieser Hinsicht gleicht die Rechtsform der Vereinigung eher derjenigen der offenen Handelsgesellschaft. Hier wäre jedoch ein wesentlicher Unterschied hervorzuheben: Nach Maßgabe des Artikels 24 der Verordnung können die Gläubiger ihre Forderungen gegenüber einem Mitglied vor Abschluss der Auflösung der Vereinigung nur dann geltend machen, wenn sie die Vereinigung zur Zahlung aufgefordert haben und die Zahlung nicht innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt ist.
Die Vereinigung wird mit der Eintragung in das entsprechende Register des EU-Mitgliedstaates als Rechtsträger gegründet. In Bezug auf den Sitz der Vereinigung ist zu beachten, dass dieser innerhalb der Gemeinschaft liegen muss und von einem in einem anderen Mitgliedstaat verlegt werden darf. In Bezug auf die Rechtsvorschriften in Bulgarien, regelt das bulgarische Handelsgesetz eine wesentliche Beschränkung dieses Grundsatzes, und zwar, dass eine Sitzverlegung der bulgarischen Vereinigung in einem anderen Mitgliedstaat nicht stattfinden kann, sofern die Vereinigung Eigentümerin von Grund und Boden in der Republik Bulgarien ist. Eine weitere Besonderheit der bulgarischen Rechtsvorschriften ist, dass eine Insolvenzanmeldung nach Maßgabe des Handelsgesetzes für die Vereinigung eröffnet werden kann, dies hat jedoch nicht automatisch die Eröffnung eines solchen Verfahrens auch gegenüber seinen Mietgliedern zur Folge, unabhängig davon, dass sie für ihre Verbindlichkeiten gesamtschuldnerisch und unbeschränkt haften. Die Verordnung sieht ein wichtiges Verbot vor, und zwar dass sich die Vereinigung an den Kapitalmarkt nicht öffentlich wenden darf.
Die Gründung einer solchen Vereinigung in Bulgarien bedarf des Abschlusses eines Vertrags zwischen den Beteiligten sowie die Eintragung in das entsprechende Register zur Erlangung der Rechtspersönlichkeit. Der Gründungsvertrag muss mindestens folgende Angaben enthalten:
- den Namen der Vereinigung mit den voran- oder nachgestellten Worten „Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung" oder der Abkürzung „EWIV", es sei denn, dass diese Worte oder diese Abkürzung bereits im Namen enthalten sind;
- den Sitz der Vereinigung ;
- den Unternehmensgegenstand, für den die Vereinigung gegründet worden ist;
- den Namen, die Firma, die Rechtsform, den Wohnsitz oder den Sitz sowie gegebenenfalls die Nummer und den Ort der Registereintragung eines jeden Mitglieds der Vereinigung ;
- die Dauer der Vereinigung, sofern sie nicht unbestimmt ist.
Gründer einer Vereinigung können europäische Gesellschaften oder natürliche Personen sein, die die eine gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche, landwirtschaftliche oder freiberufliche Tätigkeit in der Gemeinschaft ausüben oder dort andere Dienstleistungen erbringen. Die Gründung bedarf an mindestens zwei Gesellschaften oder natürlichen Personen, die ihre Haupttätigkeit in verschiedenen Mitgliedstaaten ausüben, indem die Vereinigung auch nur von einer Gesellschaft und einer natürlichen Person gegründet werden kann, sie jedoch ihre Tätigkeiten in verschiedenen Mitgliedstaaten ausüben müssen.
In Bezug auf den Sitz lautet die Anforderung, dass er dort gelegen sein muss, wo die Hauptverwaltung der Vereinigung ist oder der Ort, an dem eines der Mitglieder der Vereinigung seine Hauptverwaltung hat oder, wenn es sich um eine natürliche Person handelt, seine Haupttätigkeit ausübt, sofern die Vereinigung dort tatsächlich eine Tätigkeit ausübt.
Jedes Mitglied hat eine Stimme. Der Gründungsvertrag kann jedoch bestimmten Mitgliedern mehrere Stimmen unter der Bedingung gewähren, dass ein einziges Mitglied nicht die Stimmenmehrheit besitzt, womit die Entscheidungsfindung aufgrund von Zugeständnissen zwischen den Mitgliedern bezweckt wird. Eine interessante Angelegenheit ist die Mehrheit bei der Abstimmung von Entscheidungen von den Mitgliedern der Vereinigung, da es für bestimmte Fragen der Einstimmigkeit bedarf:
- Änderungen des Unternehmensgegenstandes der Vereinigung ;
- Änderungen der Stimmenzahl eines jeden Mitglieds ;
- Änderungen der Bedingungen für die Beschlussfassung ;
- eine Verlängerung der Dauer der Vereinigung über den im Gründungsvertrag festgelegten Zeitpunkt hinaus ;
- Änderungen des Beitrags jedes Mitglieds oder bestimmter Mitglieder zur Finanzierung der Vereinigung ;
- Änderungen jeder anderen Verpflichtung eines Mitglieds, es sei denn, dass der Gründungsvertrag etwas anderes bestimmt ;
- jede nicht in diesem Absatz bezeichnete Änderung des Gründungsvertrags, es sei denn, dass dieser etwas anderes bestimmt.
Die Aufnahme neuer Mitglieder ist von den Mitgliedern der Vereinigung einstimmig zu entscheiden. Jedes neue Mitglied haftet für die Verbindlichkeiten der Vereinigung einschließlich derjenigen, die sich aus der Tätigkeit der Vereinigung vor seinem Beitritt ergeben. Er kann jedoch durch eine Klausel im Gründungsvertrag oder in dem Rechtsakt über seine Aufnahme von der Zahlung der vor seinem Beitritt entstandenen Verbindlichkeiten befreit werden.
Die Kündigung eines Mitglieds der Vereinigung ist nach Maßgabe des Gründungsvertrags oder, falls dieser hierüber nichts bestimmt, mit einstimmiger Zustimmung der übrigen Mitglieder möglich. Jedes Mitglied der Vereinigung kann aus den im Gründungsvertrag angeführten Gründen, in jedem Fall aber dann ausgeschlossen werden, wenn es grob gegen seine Pflichten verstößt oder wenn es schwere Störungen der Arbeit der Vereinigung verursacht oder zu verursachen droht.
Dieser Ausschluss kann nur durch gerichtliche Entscheidung auf gemeinsamen Antrag der Mehrheit er übrigen Mitglieder erfolgen, es sei denn, dass der Gründungsvertrag etwas anderes bestimmt d. h. die für die einseitige Kündigung des Mitglieds bedarf es der Einstimmigkeit der verbleibenden Mitglieder und für seinen Ausschluss reicht die Mehrheit der Mitglieder aus.
Die Vereinigung wird nach außen hin von einem durch Beschluss der Mietglieder der europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung zu den im Gründungsvertrag geregelten Bedingungen bestellten Geschäftsführer vertreten. Sofern mehrere Geschäftsführer bestellt sind und sofern die Mitglieder nichts anderes vereinbart und im entsprechenden Register eingetragen haben, wird die Vereinigung von jedem Gesellschafter einzeln vertreten. Eine Beschränkung der Befugnisse des Geschäftsführers oder der Geschäftsführer durch den Gründungsvertrag oder durch einen Beschluss der Mitglieder kann Dritten nicht entgegengesetzt werden, selbst wenn sie bekanntgemacht worden ist.
Jeder der Geschäftsführer verpflichtet die Vereinigung, wenn er in ihrem Namen handelt, gegenüber Dritten, selbst wenn seine Handlungen nicht zum Unternehmensgegenstand der Vereinigung gehören, es sei denn, die Vereinigung beweist, dass dem Dritten bekannt war oder dass er darüber nach den Umständen nicht in Unkenntnis sein konnte, dass die Handlung die Grenzen des Unternehmensgegenstandes der Vereinigung überschritt.
Die Vereinigung kann durch einstimmigen Beschluss der Mitglieder, sofern der Gründungsvertrag nichts anderes bestimmt, aufgelöst werden. Die Vereinigung muss durch Beschluss ihrer Mitglieder aufgelöst werden, der feststellt, dass:
- die im Gründungsvertrag bestimmte Dauer abgelaufen oder ein anderer in diesem Vertrag vorgesehener Auflösungsgrund eingetreten ist oder
- der Unternehmensgegenstand der Vereinigung verwirklicht worden ist oder nicht weiter verfolgt werden kann.
Ist binnen drei Monaten nach Eintritt eines der oben genannten Fälle kein Beschluss der Mitglieder über die Auflösung der Vereinigung ergangen, so kann jedes Mitglied bei Gericht beantragen, diese Auflösung auszusprechen.
Eine Auflösung ist auch bei folgenden Hypothesen möglich: wenn die Anzahl der Mitglieder weniger als zwei Gesellschaften oder Personen ist; aus wichtigem Grund; Verstoße in Bezug auf die Tätigkeit der Vereinigung, Sitz der Vereinigung innerhalb der Gemeinschaft sowie hinsichtlich der mindestens erforderlichen Mitglieder. Hier wäre hinzuzufügen, dass neben der Auflösung einer bestehenden bulgarischen Vereinigung, ihre Nichtigkeit auch nach Maßgabe des Art. 280a Abs. 2 HG ausgesprochen werden kann. Die Gründe für das Aussprechen der Nichtigkeit sind in der Regel dieselben wie für die Gesellschaften.
II. Steuerliche Behandlung der EWIV in Bulgarien
Ein allgemein geltender Grundsatz der Vereinigung in Bezug auf die steuerliche Behandlung ist unter Artikel 40 der Verordnung vorgesehen und zwar, dass das Ergebnis der Tätigkeit der Vereinigung nur bei ihren Mitgliedern besteuert wird und nicht etwa der Gewinn der Vereinigung selbst.
Unter Art. 3 vom bulgarischen Körperschaftsteuergesetz werden diese Vereinigungen als körperschaftsteuerpflichtigen Personen ausgeschlossen, d. h. die Einkünfte dieser Vereinigung unterliegen keiner Körperschaftssteuer. Diese Vorschrift bezweckt die Körperschaftsteuerpflicht von der - wie bereits weiter oben erwähnt - lediglich eine Hilfstätigkeit ausübenden Vereinigung hinweg auf die Mitglieder zu verlegen, d. h. in den entsprechenden Mitgliedstaaten werden die Gewinne der Mitglieder und nicht etwa der Vereinigung mit Körperschaftsteuer besteuert. Sollte die Vereinigung z. B. Dividende zugunsten eines Gesellschafters ausschütten, sind das Einnahmen des entsprechenden Gesellschafters und diese sind ordungsgemäß zu besteuern. Gleiches gilt für die Einlagen des Mitglieds zugunsten der Vereinigung, die als steuerlich anerkannte Kosten für den entsprechenden Gesellschafter gewinnmindernd wirken.
Hier ist zu vermerken, dass die beschränkte steuerliche Erfassung im Sinne der Verordnung lediglich den Gewinn der Vereinigung umfass, d. h. die Leistung der Körperschaftsteuer. Alle weiteren Steuern und Abgaben wie z. B. die Umsatzsteuer sowie Pflichtversicherungsbeiträge für Beschäftigte sind von dieser Beschränkung nicht umfasst und das bedeutet, dass für die Vereinigung in dieser Hinsicht die allgemeingeltenden Regelungen gelten.
III. Registrierung der EWIV im bulgarischen Handelsregister
Die Eintragung der Vereinigung kommt derjenigen der Gesellschaften mit beschränkter Haftung gleich, da eine Antrag nach Vorlage in das Handelsregister der bulgarischen Eintragungsagentur einzureichen ist. Die staatliche Eintragungsgebühr beträgt BGN 100, aber wenn der Antrag auf elektronischem Wege eingereicht wird, beträgt die Gebühr BGN 50.
Folgende Unterlagen sind für die Eintragung in das Handelsregister einzureichen:
- Antrag laut Vorlage Nr. A10;
- Gründungsvertrag, der mindestens folgende Angaben enthält:
a) den Namen der Vereinigung mit den voran- oder nachgestellten Worten „Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung" oder der Abkürzung „EWIV", es sei denn, dass diese Worte oder diese Abkürzung bereits im Namen enthalten sind;
b) den Sitz der Vereinigung;
c) den Unternehmensgegenstand, für den die Vereinigung gegründet worden ist;
d) den Namen, die Firma, die Rechtsform, den Wohnsitz oder den Sitz sowie gegebenenfalls die Nummer und den Ort der Registereintragung eines jeden Mitglieds der Vereinigung;
e) die Dauer der Vereinigung, sofern sie nicht unbestimmt ist. - Entscheidung der Mitglieder der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung über die Bestellung eines oder mehrerer Geschäftsführer, sofern der/die Geschäftsführer nicht mit der Gründungsurkunde bestellt wurden.
- notariell beglaubigte Einverständniserklärung und Unterschriftsmuster eines jeden Geschäftsführers der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung;
- Erklärung von jedem Geschäftsführer der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung über die Erfüllung der Anforderungen nach Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EWG) 2137/85, und zwar, dass gegen ihn kein Verbot zur Wahrnehmung von Aufgaben als Mitglied eines Verwaltungs- oder Leitungsorgans einer Gesellschaft vorliegt.
- Nachweis zur Gründung der juristischen Person – Mitglied der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung und darin enthaltenden Bestätigung ihrer nach geltendem Recht gesetzlichen Vertretern (gilt nur für Mitglieder der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung, die nicht nach bulgarischem Recht gegründet sind);
- Entscheidung des zuständigen Organs der juristischen Person, d. h. des Mitgliedes der Vereinigung über die Beteiligung an der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung;
- Sollte der Unternehmenszweck genehmigungspflichtig sein, ist die entsprechende Lizenz oder Genehmigung einzuholen, wenn das für die Eintragung zwingend erforderlich ist.