Digitale Nomaden etablieren sich als eine der am schnellsten wachsenden und beeindruckendsten Gruppen auf dem heutigen globalen Arbeitsmarkt. Aufgrund der niedrigen Steuerlast stellt sich Bulgarien als bevorzugter Wohn- und Arbeitsort für diese mobilen Fachkräfte fest, die die Vorteile moderner Technologien und ihre Flexibilität nutzen.
Umgangssprachlich wird unter einem Digitalen Nomaden jemanden verstanden, der nirgendwo über einem längeren Zeitraum ansässig ist und seine Arbeit – egal ob selbstständig oder innerhalb eines Arbeitsverhältnisses – am Laptop ausführt.
Rechtlich aber nimmt das Digitale Nomadentum in Bulgarien teilweise eine Grauzone ein und es stellen sich immer wieder die gleichen Fragen – wo wird das erzielte Einkommen besteuert, wo sind Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.
Sofern sich die Digitale Nomaden in Bulgarien über einen längeren Zeitraum niederlassen, so haben sie sich als Selbstständige anzumelden oder der Arbeitgeber als einen ausländischeren Arbeitgeber.
Und für Nicht- EU-Bürger stellt sich zusätzlich die Frage ob und unter welchen Bedingungen Digitale Nomaden nach Bulgarien einreisen und von hier aus ihre Tätigkeiten erbringen können.
Am 18. Juni 2025 nahm das bulgarische Parlament das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Ausländer in der Republik Bulgarien an. Damit werden wesentliche Änderungen in den Rechtsvorschriften eingeführt, die die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Land regeln, mit dem Ziel, klarere Regeln und neue Aufenthaltsmöglichkeiten für verschiedene Kategorien von Ausländern zu schaffen, darunter auch für die sogenannten digitalen Nomaden – ein soziales Phänomen, das in der globalen Wirtschaft immer mehr an Bedeutung gewinnt. Mit den eingeführten Gesetzesänderungen möchte unser Land den Bedürfnissen der heutigen Realitäten der mobilen Arbeit und des internationalen Geschäftslebens Rechnung tragen und darauf reagieren.
Begriff Digitaler Nomade?
Das Gesetz benennt als digitaler Nomade einen Ausländer, der unter Verwendung von Informationstechnologien Fernleistungen erbringt, ohne auf dem Gebiet Bulgariens zu arbeiten oder Dienstleistungen für Personen zu erbringen. Um als digitaler Nomade eingestuft zu werden, muss der Ausländer eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
- Er muss mit einem Arbeitsvertrag bei einem Arbeitgeber beschäftigt sein, der außerhalb eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft registriert/gegründet ist und Fernleistungen unter Verwendung von Informationstechnologien erbringt, oder
- Er muss gesetzlicher Vertreter, Mitglied des Leitungsorgans, Eigentümer eines Unternehmens, Gesellschafter oder Aktionär sein, der mehr als 25 Prozent des Kapitals eines Unternehmens besitzt, das außerhalb eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats , das Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, über das Fernleistungen unter Verwendung von Informationstechnologien erbringt und keine Arbeiten und/oder Dienstleistungen für Personen auf dem Gebiet Bulgariens erbringt, oder
- Persönlich Fernleistungen unter Verwendung von Informationstechnologien für einen Zeitraum von mindestens einem Jahr vor Einreichung des Antrags erbringt und keine Arbeiten oder Dienstleistungen für Personen auf dem Gebiet Bulgariens erbringt und keine freiberufliche Tätigkeit in diesem Land ausübt.
Steuerliche und rechtliche Behandlung von Digitalen Nomaden
Für die Bestimmung des Ortes der Besteuerung unterscheidet die bulgarische Gesetzgebung zwei Grundarten von Personen – Inländer und Ausländer. Der Hauptunterschied besteht darin, dass in Bulgarien lediglich die im Land erwirtschafteten Einkommen der Ausländer (gem. den Vorschriften über die Quellensteuer) die aus der ganzen Welt erwirtschafteten Einkommen der Inländer (Einkommen, die im Land oder Ausland erzielt worden sind) besteuert werden. D. h. dass sofern Einkommen an einen Ausländer in Bulgarien geflossen ist, unterliegt er der Besteuerung sowohl im Land als auch in dem Staat, in welchem er als Inländer legitimiert ist. Damit die Besteuerung optimiert wird und um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, unterzeichnen die Staaten entsprechende Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA). Einer der Hauptaspekte des DBA ist die Bestimmung des Orts, an dem die Personen ihre Einkommen zu besteuern haben.
Eine inländische Person gemäß Artikel 4 des Einkommensteuergesetzes für natürliche Personen ist eine Person, die:
- einen ständigen Wohnsitz auf dem Gebiet Bulgariens hat;
- sich während eines Zeitraums von zwölf Monaten mehr als 183 Tage auf dem Gebiet Bulgariens aufhält;
- den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Bulgarien hat;
- vom bulgarischen Staat, seinen Organen, Organisationen oder bulgarischen Unternehmen ins Ausland entsandt wurde, sowie deren Familienangehörige.
Sollte jemand keinen festen Wohnsitz in Bulgarien haben, wird das zweite Kriterium abgeklärt und zwar die Dauer seines Aufenthaltes auf dem Hoheitsgebiet des Landes. "Das Gesetz enthält keine spezifische Definition des Begriffs "Mittelpunkt der Lebensinteressen". Er bezieht sich auf die Familie, das Vermögen, den Ort, von dem aus die Person ihre Beschäftigung, ihren Beruf oder ihr Gewerbe ausübt, oder den Ort, von dem aus sie ihr Vermögen verwaltet. Wenn die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in beiden Ländern hat, wird das Kriterium des "gewöhnlichen Aufenthalts" geprüft.
Eine inländische natürliche Person, ungeachtet der Staatsbürgerschaft, ist diese, die sich mindestens 183 Tage binnen eines zwölfmonatigen Zeitraums in Bulgarien aufhält, einschließlich des Einreise- und Abreisetags. Es ist wichtig zu vermerken, dass der Aufenthalt zu Ausbildungszwecken oder medizinischer Behandlung bei der Berechnung des Aufenthalts in Bulgarien nicht berücksichtigt werden (Art. 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes für natürliche Personen). Im Gesetz sind keine konkreten Nachweise der Aufenthaltsdauer festgelegt. Zu diesem Zweck können Erklärungen der Person oder sämtliche Unterlagen, auf welche die im Land zuständigen Behörden die Ausreise- und Einreisedaten vermerken, dienen. In der Praxis fordern die Sachbearbeiter des Finanzamts oft während des Verfahrens zur Ausstellung einer Ansässigkeitsbescheinigung für bestimmte Zeiträume als Zusatznachweise für den Aufenthalt des Antragstellers im Inland/Ausland Flugtickets und Bordkarten der Person für die Ein- und Ausreise nach Bulgarien an. Von besonderer Bedeutung ist ob die Ansässigkeitsbescheinigung einer Person aus einem EU-Mitgliedstaat vor länger als 183 Tagen ausgestellt worden ist. Es ist möglich dass als Zusatzunterlagen auch Eigentumsnachweise für Immobilien, Mietverträge bzw. solche mit Internet-, Fernsehen- und/ohne Mobilfunkanbieter angefordert werden. Jemand, der sich im Land aufhält, aber dessen Lebensmittelpunkt an einem anderen Ort ist, gilt nicht als Inländer. Somit ist der Lebensmittelpunkt ein äußerst wichtiger Faktor. Das Gesetz gibt keine genaue Begriffsbestimmung dafür. Er ist mit der Familie, dem Eigentum, dem Ort, von dem aus jemand seine Beschäftigung, berufliche oder wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, oder der Ort, von dem aus jemand sein Eigentum verwaltet. Für Bulgarien gelten als Steuerinländer, ungeachtet der Staatsangehörigkeit, auch diese Personen und ihre Familienmitglieder, die vom bulgarischen Staat, dessen Behörden oder Unternehmen ins Ausland entsendet worden sind. Wenn die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Ländern hat, wird ihre Staatsangehörigkeit berücksichtigt. Ist er Staatsangehöriger beider Länder, müssen sie sich einigen.
Für Personen, die in keinem Land mehr als 183 Tagen verbringen, oder Immobilien besitzen oder Familienmitglieder haben, ist es ziemlich kompliziert den Lebensmittelpunkt solcher Person festzustellen und somit auch wo die Steuerlast liegt. Laut der Rechtsprechung des obersten Verwaltungsgerichts in Bulgarien werden Bulgarische Staatsbürger als Inländer behandelt, auch wenn sie keinen Lebensmittelpunkt in Bulgarien nachweisen können, sobald sie auch keine Nachweise für Ansässigkeit (oder Lebensmittelpunkt) in einem anderen Land vorlegen können – zusammen mit Zahlungsbelegen, dass sie die Einkommensteuer in diesem Land gezahlt haben. Im Rahmen des Revisionsverfahrens prüfen die Behörden des bulgarischen Finanzamts das Vorliegen der Voraussetzungen für die Einstufung einer Person als ansässig in Bulgarien, wobei gemäß der Praxis des Obersten Verwaltungsgerichts die Beweislast dafür, dass eine Person in Bulgarien ansässig ist, bei dem Finanzamt liegt. Daher tragen Personen, denen durch einen Revisionsbescheid festgestellt wurde, dass sie in Bulgarien Steuern melden und zahlen müssen, nicht die Beweislast dafür, dass sie die Voraussetzungen für eine inländische Person nicht erfüllen. Liegt jedoch eine von einem anderen Staat ausgestellte Bescheinigung über die Ansässigkeit vor, kann diese bereits im Rahmen des Revisionsverfahrens erfolgreich geltend gemacht werden, sodass keine Steuerverbindlichkeiten festgestellt werden.
Sozialversicherung
Laut dem Recht der Europäischen Union haben Staatsangehörige eines Mitgliedstaats das Recht auf Freizügigkeit als Arbeitnehmer und es steht ihnen demnach zu, in einem anderen EU-Land zu arbeiten, ohne dass eine Arbeitserlaubnis erforderlich ist. Mit dem Ziel, dieses Recht zu garantieren, sind die Sozialversicherungssysteme von den Mitgliedstaaten gemäß Verordnung Nr. 1408/71 des Rates und Verordnung 574/72 (über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/72) koordiniert. Ab Mai 2010 sind neue Verordnungen im Bereich der sozialen Sicherheit in Kraft getreten, nämlich die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004.
Nach dem Grundprinzip der neuen Verordnungen bestätigt, dass eine Person, die eine Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger in einem Mitgliedstaat ausübt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats unterliegt. Die Verordnung Nr. 883/2004 bestimmt, dass eine Person den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats, in welchem die Sozialversicherungsbeiträge fällig sind, unterliegt, auch wenn diese Versicherungsbeträge für Aktivitäten und Erträge aus anderen Mitgliedstaaten fällig geworden sind. Sonderregeln in Bezug auf Erwerbstätige und Selbständige werden in Titel II der Verordnung eingeführt.
Diese Regeln sehen, dass die entsandten Personen den Rechtsvorschriften des Staates unterliegen, in welchem der Arbeitgeber einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeit ausübt, vor. Insbesondere Art. 12 (1) der Verordnung (EG) 883/2004 verdeutlicht, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat für seinen gewöhnlich dort tätigen Arbeitgeber einer Beschäftigung nachgeht und nun von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um an diesem Ort eine Arbeit für ihn auszuführen, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats unterliegt, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit vierundzwanzig Monate nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere entsandte Person ablöst. Der Hauptzweck der mit der Verordnung eingeführten Grundsätze besteht in der Vereinfachung der Freizügigkeit der Berufstätigen und der freien Dienstleistungserbringung innerhalb der EU durch das Vermeiden administrativen Aufwands, der den Versicherten, den Arbeitgeber und die Behörden belasten könnte, sofern für die Dauer der Zeitarbeit die Rechtsvorschriften des aufnehmenden Mitgliedstaates Anwendung finden würden.