In den letzten Jahren gelangt Bulgarien immer häufiger im Sichtfeld der ausländischen Investoren als günstiger Standort zur Niederlassung oder Verlegung ihrer Geschäfte und Produktionsstätten. Das Land zieht die Investoren mit seiner günstigen geopolitischen Lage, der EU-Mitgliedschaft, die an dem EURO gekoppelte Währung (BGN), sowie mit den niedrigen Steuersätzen (10% Körperschaftssteuer, 5 % Dividendensteuer), Arbeitskosten und Fachkräfte an.
Neben diesen Voraussetzungen für ein günstiges und effizientes Geschäftsumfeld bestehen auch drei Gruppen von Fördermaßnahmen, Steuervorteile und –vergünstigungen, die als Anreiz für ausländische Investoren dienen sollen. Das sind:
I. Fördermaßnahmen als Steuervergünstigungen nach dem Körperschaftsteuergesetz (KStG) und Maßnahmen nach dem Gesetz über die Förderung der Arbeitsaufnahme (GFA);
II. Maßnahmen nach dem Gesetz zur Förderung von Investitionen (GFI), die vorwiegend für Großinvestitionen in Höhe ab 1 – 2 Mio. BGN geplant sind;
III. Europäische Fördermaßnahmen auf nationaler Ebene – gemäß der neuen Förderperiode 2014 – 2020.
In den einzelnen Artikel wird die Rechtsanwaltskanzlei Ruskov & Kollegen die Fördermaßnahmen, von denen in- und ausländische Investoren in Bulgarien profitieren können, ausführlicher darstellen.
Die erste große Gruppe von Fördermaßnahmen für die Produktion und Geschäftsabwicklung auf dem Hoheitsgebiet der Republik Bulgarien umfasst zwei grundlegende Gesetze: das Körperschaftsteuergesetz (KStG) und das Gesetz über die Förderung der Arbeitsaufnahme (GFA). In diesem Artikel werden wir uns auf die Maßnahmen nach dem KStG konzentrieren.
Steuervergünstigungen nach dem KStG. Bedingungen und Voraussetzungen für die Inanspruchnahme
Die Fördermaßnahmen für den Geschäftsbetrieb im Sinne des KStG sind mit den s. g. Steuervergünstigungen verbunden und stellen meistens die Abtretung des Körperschaftssteuerguthabens (Die Abtretung von Körperschaftssteuerguthaben ist eine Art Steuervergünstigung, die dem Steuerpflichtigen das Recht einräumt, die laut den Bestimmungen dieses Gesetzes festgelegten Beträge der Körperschaftssteuer nicht in den Republikhaushalt einzuzahlen, indem diese Beträge für die unter Art. 166 KStG genannten Zwecke aufgewendet werden) in einer bestimmten Höhe dar. Die Nutzung der vorgesehenen Vergünstigungen ist nur bei erwirtschaftetem Gewinn möglich und erfolgt in der Regel durch den Ausweis der Höhe der abgetretenen Steuern (die nicht eingezahlt werden) in der jährlichen Steuererklärung und ihren Anlagen.
In der Anweisung Nr. 6 UK6 vom 16.05.2007 des Ministers der Finanzen hinsichtlich die Zulässigkeit der Abtretung eine Körperschaftssteuerguthabens steht, dass die Abtretung "ein Recht des Steuerpflichtigen ist. Angesichts dessen bedarf es zu seiner Durchsetzung der ausdrücklichen Willenserklärung der Person, die Form der Willenserklärung ist nicht an die jährliche Steuererklärung gebunden". Das bedeutet, dass sofern die Person es versäumt hat, in der Steuererklärung anzugeben, dass sie von ihrem Recht zur Nichtzahlung der Körperschaftssteuer Gebrauch macht, kann sie das durch eine separate formfreie schriftliche Erklärung, einschließlich im Einspruch gegen den Prüfungsbericht oder Widerspruch gegen Steuerprüfungsbescheid vor Ablauf der festgelegten Ausschlussfristen (s. Schreiben Nr. 20-00-74 vom 26.01.2009 der Nationalen Einnahmenagentur) äußern.
Die Kontrolle seitens der Einnahmebehörden, ob ein solches Abtretungsrecht hinsichtlich der Steuern tatsächlich vorlag, erfolgt in einer Nachfeststellung – in Form von Wirtschaftsprüfungen und Revisionen.
A. Allgemeine Steuervergünstigungen:
I. Steuervergünstigungen bei der Einstellung von Arbeitslosen:
Laut Art. 177 Abs. 1 KStG ist der Steuerpflichtige berechtigt, seine jährliche Ergebnisrechnung mit dem Betrag zu senken, den er für die Gehälter und vom Arbeitgeber getragenen Versicherungsbeiträge für folgende Arbeitnehmer- und Mitarbeitergruppen geleistet hat, die zum Zeitpunkt der Einstellung:
- für einen längeren Zeitraum als ein Jahr als arbeitslos gemeldet waren oder;
- gemeldete Arbeitslose im Alter ab 50 Jahren oder
- Arbeitslose mit geminderter Erwerbsfähigkeit sind.
Eine weitere gesetzliche Auflage erfordert die entsprechende Person durch einen Arbeitsvertrag mit einer Dauer von mindestens 12 aufeinanderfolgenden Monaten einzustellen. Der Steuerpflichtige kann von der Steuervergünstigung nur in den ersten 12 Monaten ab der Anstellung Gebrauch machen. Die Vergünstigung erfolgt einmal in dem Jahr, in dem die Frist von 12 Monaten (Art. 177 Abs. 2 KStG) abläuft. Diese Fördermaßnahme sieht keine Einschränkungen für die Anzahl der auf ihrer Grundlage angestellten Arbeitnehmer/Mitarbeiter vor.
Als nächstes wird das Steuerergebnis nicht gemindert, sofern der Steuerpflichtige für diese Arbeitnehmer/Mitarbeiter eine oder mehrere Maßnahmen laut dem GFA (s. weiter unten) und gem. Art. 22d vom GFI (erörtert im separaten Artikel) sowie gem. Art. 177a KStG – über die Gewährung von Stipendien (Art. 177b KStG) - in Anspruch nimmt.
II. Steuervergünstigungen für die Gewährung von Stipendien
Eine Neuerung der Steuervergünstigungen gem. KStG, in Kraft ab den 01.01.2014, ist in der unter Art. 177a KStG vorgesehenen Möglichkeit zur Senkung des wirtschaftlichen Ergebnisses mit den Beträgen, die als Stipendien für Schüler der mittleren Reife oder Studenten an einer Hochschule in einem EU-Mitgliedstaat gewährt werden, vorgesehen. Die gesetzlichen Auflagen erfordern des Weiteren, dass:
- der Stipendienempfänger ein Schüler in den letzten zwei Schuljahren der Mittleren Reife oder Student in den letzten zwei Studienjahren im Bachelor- oder Masterprogramm ist und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat;
- der vom Stipendienempfänger erlernte Beruf in der Tätigkeit des Steuerpflichtigen einbezogen werden kann;
- der Steuerpflichtige sich mit dem Stipendium-Vertrag verpflichtet, den Stipendienempfänger für einen Zeitraum anzustellen, der mindestens der Anzahl der Monate der Gewährung des Stipendiums gleich ist oder überschreitet.
III. Befreiung von der Körperschaftsteuer bei der Einstellung von Menschen mit Behinderungen
Laut Art. 178 KStG werden Betriebe, die Menschen mit Behinderungen einstellen und zum 31. Dezember des entsprechenden Jahres Mitglieder der national vertretenen Organisationen von und für Menschen mit Behinderungen sind, vollständig von der Leistung der Körperschaftsteuer gem. KStG befreit, sofern mindestens:
- zwanzig von Hundert von der Belegschaft Blinde oder Menschen mit stark eingeschränktem Sehvermögen sind oder
- dreißig von Hundert von der Belegschaft Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen sind oder
- fünfzig von Hundert von der Belegschaft Menschen mit anderen Behinderungen sind.
Die Körperschaftsteuer wird im Verhältnis der Menschen mit Behinderungen oder beruflicher Wiedereingliederung zur gesamten Anzahl des Personals abgetreten, sofern die weiter oben aufgeführten Auflagen über die Anzahl der angestellten Personen nicht erfüllt worden sind.
Eine wesentliche Auflage für die Nutzung dieser Fördermaßnahme ist die nachfolgende zweckmäßige Aufwendung der abgetretenen (nicht geleisteten) Steuer – Art. 178 Abs. 3 KStG: "Die Abtretung ist zulässig, wenn die abgetretene Steuer vollständig für die Integration von Menschen mit Behinderungen oder Aufrechterhaltung und Schaffung neuer Arbeitsplätze für beruflich wiedereingegliederte Menschen in den nächsten zwei Jahren nach dem Abtretungsjahr aufgewendet wird. Die Planung, Aufwendung und Abrechnung der Mittel findet durch Verordnungen der nationalen Organisationen von und für Menschen mit Behinderungen unter Abstimmung mit dem Minister der Finanzen statt.