Da konkrete Rechtsvorschriften für die sich stark verbreitenden Geschäfte mit virtuellen Währungen (Kryptowährungen) fehlen, haben sich die Steuerpflichtigen in Bulgarien über die Angelegenheiten hinsichtlich der Besteuerung ihrer Einkünfte an Anhaltspunkten zu orientieren, indem die Erläuterungen des bulgarischen Finanzamtes – der Nationalen Einnahmenagentur (NEA) – zu den wichtigsten davon zählen. In der Erläuterung Nr. 3-580 vom 19.03.2018 gibt die NEA, unter Vorbehalt ihrer Bedingtheit, Antworten auf einigen grundlegenden Fragen zur steuerlichen Behandlung der Geschäfte mit Kryptowährungen. Mit diesem Artikel wird eine Zusammenfassung der wesentlichen Momente der Stellungnahme der bulgarischen Einnahmenbehörde bezweckt. Im Artikel wird die Struktur der Anfragen an die NEA und der dort erteilten Antworten verfolgt.
I. Begriffsbestimmung der Kryptowährung und Anwendung des bulgarischen Körperschaftsteuergesetzes
Die Einnahmenagentur vermerkt richtig, dass die bulgarische Gesetzgebung keine legale Definition des Begriffs „virtuelle“ (was die Kryptowährungen sind) Währung enthält. Die meisten Gesetzgebungen meiden das rechtsverbindliche Definieren des Begriffs. Das führt zur Festlegung einer Arbeitsdefinition durch die Verwaltungsbehörden und Gerichtshöfen. In ihrer Erläuterung beruft sich die NEA auf den Warnhinweis der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) EBA/WRG/2013/01 vom 12. Dezember 2013, wonach eine virtuelle Währung eine bestimmte Art von nicht reguliertem digitalen Geld, das nicht von einer Zentralbank herausgegeben oder gesichert wird und als Zahlungsmittel verwendet werden kann. Es gibt ganz unterschiedliche Arten von virtueller Währung: Die anfänglich im Rahmen von Online-Computerspielen und sozialen Netzwerken genutzten Währungen entwickelten sich später zu offline bzw. im „echten Leben“ akzeptierten Zahlungsmitteln.
Angesichts dieser Definition beantwortet die NEA Fragen, die in Verbindung mit der Anwendung des bulgarischen Körperschaftsteuergesetzes stehen. Die bulgarische Einnahmenbehörde beantwortet die Frage „Werden die gebuchten Aufwendungen für den Erwerb von Kryptowährungen als steuerlich absetzbare Aufwendungen für den Zeitraum ihrer Buchung anerkannt oder wird ihre Anerkennung bis zum Zeitpunkt der Erzielung von Erlösen aus der erworbenen Währung aufgeschoben?“ so, dass nach dem KStG die für die Steuer maßgeblichen Ergebniskomponenten durch die Umwandlung des Rechnungsergebnisses für steuerliche Zwecke bestimmt wird. Das KStG enthält keine gesonderte Regelung zur steuerlichen Behandlung der Einnahmen aus dem Verkauf der virtuellen Währung (z. B. Bitcoin. Litecoin u.ä.), und aus diesem Grund werden sie allgemein für Steuerzwecke anerkannt, d. h. dadurch wird das Rechnungsergebnis nicht verändert.
Sofern die Kryptowährung als finanzieller Vermögenswert im Sinne der geltenden Rechnungslegungsstandards, zu denen § 1 Nr. 3 der ZB zum KStG verweist, auszulegen ist, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes hinsichtlich der besonderen steuerlichen Behandlung einiger mit den finanziellen Vermögenswerten verbundenen Geschäftsvorgänge in Bulgarien zu berücksichtigen. Die bulgarische Einnahmenbehörde schließt die Anwendung des Art. 34 Abs. 2 KStG über die Nichtanerkennung von Erträgen und Aufwendungen aus nachfolgenden Bewertungen (Neubewertungen und Wertminderungen) aus.
III. Anwendung des EStGnP
Besonders interessant sind die Auslegungen der Steuerbehörde hinsichtlich der Anwendung des bulgarischen Einkommensteuergesetztes für natürliche Personen.
Die Einkünfte aus der Übertragung von Rechten oder Vermögen werden unter Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 EStGnP als eine separate Einkommensart betrachtet. Angesichts der Bestimmungen des Art. 12 Abs. 1 EStGnP gelten nach Maßgabe dieses Gesetzes als zu versteuerndes Einkommen die Einkünfte aus allen Quellen, die während des Veranlagungszeitraums vom Steuerpflichtigen erzielt worden sind, ausgenommen des kraft dieses Gesetzes steuerfreien Einkommens. Die Einkünfte, die aus dem Verkauf/Tausch von Kryptowährung erzielt werden, sind zu versteuern, sofern sie nicht zum unter Art. 13 EStGnP aufgeführten steuerfreien Einkommen gehören oder kraft eines anderen Gesetzes als steuerfrei zu behandeln sind.
Aufgrund von Art. 16 Abs. 1 EStGnP ist das zu versteuernde Einkommen und die Steuerbemessungsgrundlage für jede Einkommensquelle einzeln zu ermitteln. Demzufolge ist die Festlegung der Einkommensart zu Steuerzwecken außerordentlich wichtig.
Im weitesten Sinne können die Kryptowährungen gemäß ihren Merkmalen und ihrer Bestimmung als finanzielle Vermögenswerte definiert werden. Das zu versteuernde Einkommen und die Steuerbemessungsgrundlage für die Einkünfte aus der Übertragung von Rechten oder Vermögen werden nach den Bestimmungen des Abschnitts V des V. Kapitels des EStGnP ermittelt.
Aufgrund von Art. 33 Abs. 3 EStGnP stellt das zu versteuernde Einkommen aus dem Verkauf oder Tausch von Aktien, Geschäftsanteilen, Instrumente für Anlegerentschädigung, Investitionsgutscheine oder anderen finanziellen Vermögenswerte sowie aus dem Devisenhandel, die Summe der im Jahr erwirtschafteten Gewinne, die für jedes einzelne Geschäft ermittelt und um den Betrag der im Jahr getätigten Verluste für jedes einzelne Geschäft gemindert wird, dar, vermindert um 10 Prozent der Aufwendungen.
Die effektive Einkommensteuer beträgt somit 9 %.
Diese Einkünfte sind in Anlage 5 der jährlichen Steuererklärung anzugeben. In diesem Fall ist Spalte 2 auszufüllen. Zunächst wird der Code der Einkunftsart ausgewählt, dann wird der Gesamtbetrag des Verkaufspreises beim Verkauf oder Tausch von Finanzanlagen eingetragen, gefolgt vom Gesamtbetrag des Anschaffungspreises derselben. Die im Laufe des Jahres realisierten Gewinne und Verluste werden ebenfalls angegeben. Auf der Grundlage der angegebenen Beträge werden das zu versteuernde Einkommen und die zu zahlende Steuer automatisch berechnet.
Virtuelle Währungen“ sind digitale Wertdarstellungen, die nicht von einer Zentralbank oder einer öffentlichen Behörde ausgegeben oder garantiert werden, nicht notwendigerweise mit einer gesetzlichen Währung verbunden sind und nicht den rechtlichen Status von Währung oder Geld haben, aber von natürlichen oder juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert werden und elektronisch übertragen, gespeichert und gehandelt werden können.
Der für jedes Geschäft erwirtschaftete Gewinn/Verlust wird ermittelt, indem der Verkaufspreis um den Erwerbspreis des finanziellen Vermögenswertes (Art. 33 Abs. 4 EStGnP) gemindert wird. Das nach Art. 33 Abs. 3 EStGnP zu versteuernde Einkommen wird aufgrund der jährlichen Steuerbemessungsgrundlage besteuert und ist in der jährlichen Einkommensteuererklärung anzugeben (s. Art. 14 Abs. 1 und Art. 50 Abs. 1 Nr. 1 EStGnP).
Offensichtlich zieht die Einnahmenbehörde die Besonderheiten bei der Bemessung des beizulegenden Wertes für Geschäfte mit Kryptowährungen sowie die besondere Buchführung auf der Grundlage einzelner Geschäftsvorgänge nicht in Betracht.
Die bulgarische Einnahmenbehörde erteilt auch Ansätze zu der von mehreren bulgarischen und europäischen Bürgern gestellten Frage: Ab wann ihre Erlöse aus Kryptowährungen als Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit zu behandeln sind? Hier schließen wir uns der Position der NEA an, dass die Bestimmung einer natürlichen Person als Kaufmann nicht allein mit dem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Eintragung nach den Bestimmungen des bulgarischen Handelsgesetzes in Verbindung gebracht werden kann. Wenn eine natürliche Person Handelsgeschäfte abschließt, spielt es keine Rolle, ob sie ihre Beteiligung daran als Einzelkaufmann manifestiert oder nicht. Angesichts des Erwerbs spezieller Software für die Schaffung (Erwerb) von Kryptowährungen zwecks Erzielung von Gewinnen aus ihrem Verkauf an den entsprechenden Börsen, ist anzunehmen, dass ein Gewerbe betrieben wird, d. h. es dient als dauerhafte Einkunftsquelle. Nach Art. 1 Abs. 3 HG gilt als Kaufmann auch jede Person, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, auch wenn die von ihr ausgeübte Tätigkeit nicht im Abs.1 aufgeführt ist. In diesem Fall wird aufgrund von Art. 26 Abs. 7 EStGnP das zu versteuernde Einkommen gemäß den Bestimmungen der Abs. 1 – 6 festgelegt, d. h. gemäß den Bestimmungen des Steuergesetzes über die Einkünfte aus der Betätigung als Einzelkaufmann. Sofern diese Umstände vorliegen, sind die Einkünfte unter Anhang Nr. 2 zur jährlichen Steuererklärung nach Art. 50 EStGnP zu deklarieren.
III. Anwendung des bulgarischen Umsatzsteuergesetzes
Neben den in unserem Artikel über die rechtliche und steuerliche Behandlung von Bitcoin in Bulgarien datgestellten Informationen zur Anwendung des Umsatzsteuergesetzes führen wir hier den Standpunkt der NEA hinsichtlich des Erwerbs von Kryptowährungen an:
„Die Schaffung von Bitcoins erfolgt durch spezielle Software anhand der Berechnung bestimmter Algorithmen. Das Verfahren zur Erlangung von Bitcoins durch die Rechenleistung wird „Mining“ genannt. Sofern das Mining zu den mit der Datenverarbeitung oder Bereitstellung von Informationen verbundenen Tätigkeiten definiert werden kann, ist es wichtig zu beurteilen, ob dadurch eine Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des UStG vorliegt.
Gemäß der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs unter Ziff. 13 des Urteils in der Rechtssache C-16/93 Tolsma, liegt eine Dienstleistung nur dann im Sinne von Artikel 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie vor, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gewinn ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Eine Dienstleistung ist nur dann „gegen Entgelt“ erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet.
Angesichts des Aufgeführten ist zu vermerken, dass sofern ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung – der erfolgten Rechenleistung und erhaltenen Gegenleistung in Form der Zahlungsmittel Bitcoin – im Rahmen eines Rechtsverhältnisses zwischen Leistenden und Leistungsempfänger besteht, könnten die Leistungen des Bitcoin-Minings in Bulgarien als Erbringung einer Dienstleistung bestimmt werden. Angesichts der Tatsache, dass die Erbringung dieser Dienstleistung nicht zu den unter den im Vierten Kapitel des UStG „Steuerfreie Lieferungen und Erwerbe“ aufgeführten fällt, könnte eine steuerbare Lieferung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 UStG vorliegen, sofern sie von einem nach diesem Gesetz Steuerpflichtigen und an einem im Land liegenden Erfüllungsort erbracht worden ist.
Vorausgesetzt, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gewinn und dass zwischen Leistenden und Leistungsempfänger kein Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, besteht, fällt das Bitcoin-Mining außerhalb der Reichweite des UStG.“
Das bulgarische Finanzamt erläutert auch die Verbindlichkeiten der Personen, die ihrem Steuerstatus nach als natürliche Personen gelten, in Verbindung mit den von ihnen ausgeübten Tätigkeiten mit Kryptowährungen, wobei die Auslegungen der bulgarischen Einnahmenbehörde inwiefern diese Tätigkeiten eine selbständige wirtschaftliche Betätigung im Sinne des UStG darstellen von Interesse sind. Eine solche Tätigkeit „ist jede Tätigkeit die regelmäßig oder gewerbemäßig gegen Entgelt ausgeübt wird“. Das UStG enthält keine legale Definition des Begriffs „regelmäßig oder gewerbemäßig“. „Regelmäßig und gewerbemäßig“ setzt das Vorhaben der Person voraus, diese Tätigkeit als dauerhafte Einkunftsquelle auszuüben. Dieses Vorhaben ist dann erkennbar, wenn die Person zwecks Einkommenserwerbs systematisch bestimmte Tätigkeiten im privaten Interesse ausübt. Eine Regelmäßigkeit äußert sich sowohl im systematischen (regelmäßigen) Erwerb von Einkommen, als auch durch die Dauer und/oder Wiederholung der Handlungen/Tätigkeiten, indem ob ein solcher Erwerb tatsächlich von der Person erzielt worden ist, aus der Sicht des UStG rechtlich irrelevant ist.
Angesicht des Aufgeführten, sofern eine natürliche Person regelmäßig und zum Einkommenserwerb Geschäfte, die mit Handel von Kauf- und Differenzverträgen für Kryptowährungen verbunden sind, ausführt und sich nicht auf die gewöhnliche Verwaltung ihres Vermögens einschränkt, sondern aktive Markttätigkeiten (in kaufmännischem Sinne) betreibt, weist ihre Betätigung für die Zwecke des UStG die Merkmale einer „selbständigen wirtschaftlichen Betätigung“ auf und demnach ist diese Person im Sinne des Art. 3 UStG ein Steuerpflichtiger.
Bezüglich der Registrierung nach dem UStG – für die Beurteilung der steuerbaren Umsätze werden in Bulgarien die Haupttätigkeit der Person und der Gegenstand der Lieferungen berücksichtigt. Für die Zwecke des Art. 96 UStG ist die Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, die nicht mit der Haupttätigkeit der Person verbunden sind, davon ausgeschlossen. Die Beurteilungskriterien sind im Schreiben mit der Ausgangs-Nr. 91-00-114 vom 18.04.2008 des MF und NEA aufgeführt.
Angesicht der obigen Ausführungen ist zu beurteilen, ob es sich bei den Lieferungen:
- um steuerbare Lieferungen oder
- steuerfreie Lieferungen im Sinne des Art. 46 UStG handelt,
indem in diesem Fall keine USt zu leisten ist, jedoch beim Erzielen eines im UStG festgelegten Umsatzes von 50.000 Leva aus Lieferungen mit Erfüllungsort im Land eine Registrierungspflicht nach dem UStG besteht.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EUGH und den Erwägungen der NEA, kann als Fazit festgehalten werden, dass obwohl die Geschäfte mit Kryptowährungen im allgemeinen Fall als steuerfreie Lieferungen gelten, ihre Ausübung einer Registrierungspflicht nach dem UStG begründen kann.
Zum Sozialversicherungsrecht: im allgemeinen Fall gelten die Einkünfte, die von einer nicht als Kaufmann eingetragene natürliche Person aus dem Börsenhandel mit Kryptowährungen – Bitcoin – erzielt werden, nicht als Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit im Sinne des Art. 4 oder Art. 4a Abs. 1 SVGB und dafür sind keine Sozial- und Krankenversicherungsbeiträge gemäß den Bestimmungen des Art. 4 Abs. 3 Nr. 2 und Art. 127 Abs. 1 SVGB und Art. 40 Abs. 1 Nr. 2 KVG zu leisten.
Trotz der Erläuterungen der bulgarischen Einnahmenbehörden ist zu vermerken, dass die Rechtsvorschriften hinsichtlich der Kryptowährungen und insbesondere hinsichtlich ihrer steuerlichen Behandlung sehr dürftig sind, ähnlich der Praxis der Durchsetzungsbehörden.
Der Zweck dieses Artikels ist den Personen, die Einkünfte aus Kryptowährungen erzielen, Orientierungspunkte über die Behandlung dieser Einkünfte seitens der Behörden im Diskurs der virtuellen Wirtschaft zu bieten.