Sozialversicherung für EU-Bürger mit Arbeitsvertrag in Bulgarien
Bei der Einstellung von Staatsbürgern aus anderen EU-Ländern in einem in Bulgarien eingetragenen Unternehmen, sind keine Arbeitsgenehmigung sowie die Bescheinigung A1, womit die geltenden Rechtsvorschriften des Landes nachgewiesen werden, erforderlich. Für dieses Arbeitsverhältnis werden entsprechende Sozial-, Krankenversicherungsbeiträge und Steuern gemäß der bulgarischen Gesetzgebung geleistet.
Aufgrund der zunehmenden Nutzung der Fernbeschäftigung (des so genannten Home Office) ist es für Ausländer möglich, bei einem bulgarischen Unternehmen angestellt zu sein und vom Ausland aus zu arbeiten. In diesem Fall wohnen die Personen nicht in Bulgarien und haben keinen Grund, in Bulgarien Sozialversicherung und Steuern zu zahlen. Bei Vorlage einer A1-Bescheinigung bei den bulgarischen Behörden über die geltenden Rechtsvorschriften können die Personen einen Arbeitsvertrag mit einem bulgarischen Unternehmen abschließen, aber in dem Land versichert sein, in dem sie ihren Lebensmittelpunkt haben. In diesem Fall muss sich das bulgarische Unternehmen im Ausland als einer ausländischen Versicherer registrieren lassen, um die nach ausländischem Recht erforderlichen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abführen zu können.
Vor dem Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einem Staatsbürger aus einem anderen EU-Land muss Folgendes erfüllt sein:
- Nachweis über das Vorhandensein einer Unterkunft im Land, z. B. nachgewiesen durch Mietvertrag;
- der EU-Bürger muss eine Dienstnummer für Ausländer bei der laut seiner Unterkunftsadresse zuständigen Nationalen Einnahmenagentur (NAP) beantragen. Sollte die Person sich nicht in Bulgarien aufhalten, kann die Dienstnummer für Ausländer von seinem Arbeitgeber mit einer ausdrücklichen notariell beglaubigten Vertretungsvollmacht bei der NAP beantragt werden.
Bürger der Europäischen Union dürfen sich in der Republik Bulgarien mit einem gültigen Personalausweis oder gültigen Reisepass gemäß den Bestimmungen des Art. 6 Abs. 1 vom Gesetz über die Einreise, den Aufenthalt und Abreise der Republik Bulgarien für EU-Bürger und deren Familienmitglieder für eine Dauer von drei Monaten aufhalten.
EU-Bürger dürfen sich in der Republik Bulgarien langfristig oder dauerhaft aufhalten, wofür ihnen von der Generaldirektion Grenzpolizei – Ministerium des Innern (MI), der Hauptstädtischen Direktion des Innern (SDVR) oder von den Bezirksdirektionen des MI, oder von den Direktoren ermächtigten Amtspersonen, entsprechende Aufenthaltstitel erteilt werden. Die langfristige Aufenthaltserlaubnis ist für einen Zeitraum von 5 Jahren gültig und danach wird die Erlaubnis zum Dauerhaftaufenthalt erteilt, sofern sich die Person seit mindestens 5 Jahren ununterbrochen rechtmäßig in der Republik Bulgarien aufgehalten hat oder bestimmte, unter Art. 16 desselben Gesetzes ausführlich beschriebenen, Bedingungen erfüllt.
Neben der langfristigen Aufenthaltserlaubnis und der Erlaubnis zum Daueraufenthalt für EU-Bürger, können die EU-Bürger die Erteilung eines Aufenthaltstitels für den langfristigen oder dauerhaften Aufenthalt als Karte beantragen. Die Bescheinigung auf einer Karte enthält zusätzliche Daten wie das Lichtbild des Ausländers, die Identifikationsnummer des Ausländers (A-Id.-Nr.), Adresse. Dafür ist gemäß den Bestimmungen der Verordnung über die Ausstellung bulgarischer Identitätsausweise ein Antrag zu stellen.
Sollte dem EU-Bürger eine Identifikationsnummer für Ausländer (A-Id.-Nr.) zugeteilt worden sein, ist ein Antrag auf Löschung der Dienstnummer des Ausländers bei der NAP einzureichen, um Fehler im Finanz- und Versicherungssystem zu vermeiden.
Für längere Aufenthalte von EU-Bürgern in Bulgarien und besonders aufgrund eines Arbeitsverhältnisses, ist ein Hausarzt zu wählen.
Hier können Sie auch nähere Informationen über die Sozialversicherung in Bulgarien erfhalten.
Sozialversicherung für die in Bulgarien aus der EU entsandten Arbeitnehmer
Bei kurzfristigen Entsendungen von Arbeitnehmern aus der EU in der Republik Bulgarien, findet die Gesetzgebung des Entsendungsstaates Anwendung und die Reisekosten werden gemäß der Rechtsvorschriften dieses Landes berechnet. Für diese Art der Entsendung ist keine Bescheinigung A1 erforderlich.
Für die langfristige Entsendung in Bulgarien finden die Bestimmungen der Europäischen Richtlinien Anwendung.
- Sofern die Entsendung mehr als 30 Tage dauert, ist eine Bescheinigung A1 für die anzuwendende Gesetzgebung auszustellen;
- Sofern die Entsendung länger als 90 Tage dauern, ist die Ausstellung einer Bescheinigung A1 sowie die Beantragung einer Identifikationsnummer für Ausländer in Bulgarien beim MI, Direktion für Migration, obligatorisch.
Um die Grundlage einer Sozial- und Krankenversicherung in Bulgarien für eine Person, die unter den Bestimmungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit fallen, sind als erstes die im Bereich der sozialen Sicherheit anzuwendenden Rechtsvorschriften festzulegen.
Das anzuwendende Recht wird im Abschnitt II der Verordnung Nr. 883/2004 (in Kraft ab dem 01.05.2010) bestimmt.
Infolge der Festlegung des anzuwendenden Rechts ist auch der EU-Mitgliedstaat zu bestimmen, in dem die Pflichtversicherungen gemäß den Rechtsvorschriften dieses Landes, einschließlich für die Arbeiten und Einkommen aus anderen Mitgliedstaaten, zu leisten sind.
Als Grundregel für die Festlegung des anzuwendenden Rechts gilt, dass die Personen der Gesetzgebung dieses Mitgliedstaates unterliegen, in das sie ihre Tätigkeit ausüben.
Gemäß den Bestimmungen des Art. 11 (3) a) von der Verordnung Nr. 833/2004 unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats.
Sofern die Personen in mehreren Mitgliedstaaten bei einem oder mehreren Arbeitgebern beschäftigt sind oder selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, finden für die Feststellung der anzuwendenden Rechtsvorschriften die unterschiedlichen Bestimmungen des II. Abschnitts der Verordnung Nr. 833/2004 je nach Fall Anwendung.
Die Besteuerung der Einkommen aus Geschäftsführungsverträgen in Bulgarien ist unmittelbar mit der Klassifizierung des Empfängers als inländische natürliche Person im Sinne des Art. 4 vom Gesetz über die Einkommensteuer der natürlichen Personen (GENP) oder als ausländische natürliche Person im Sinne des Art. 5 GENP verbunden. Steuerpflichtige Einkommen der inländischen natürlichen Personen müssen aus Quellen innerhalb der Republik Bulgarien und dem Ausland stammen und der ausländischen natürlichen Personen – nur innerhalb der Republik Bulgarien (Art. 6 und 7 GENP).
Im Sinne des Art. 4 GENP ist eine inländische natürliche Person, unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit, die Person:
- die ihren festen Wohnsitz in Bulgarien hat oder
- die sich in einem Zeitraum von 12 Monaten mindestens 183 Tage in Bulgarien aufhält oder
- die vom bulgarischen Staat, dessen Behörden und/oder Organisationen, bulgarischen Unternehmen und ihren Familienmitglieder ins Ausland entsandt worden ist oder
- ihren Lebensmittelpunkt in Bulgarien hat.
Für die Zwecke des Art. 4 Abs. 1 Ziff. 2 GENP gilt eine Person für das Jahr, in das ihr Aufenthalt mindestens 183 Tage betragen hat, als inländisch. Der Tag der Abreise und Einreise im Land werden separat als Aufenthaltstage im Land berechnet, indem der Aufenthaltszeitraum in Bulgarien zu Ausbildungszwecken oder medizinischer Behandlung nicht als Aufenthalt in Bulgarien (Art. 4 Abs. 2 und Art. 3 GENP) qualifiziert wird.
Für die Zwecke des Art. 4 Abs. 1 Ziff. 4 GENP ist der Lebensmittelpunkt in Bulgarien, wenn die Interessen der Person eng mit dem Land verbunden sind, indem im Zuge ihrer Feststellung die Familie, die Eigentumsverhältnisse, der Ort, an dem die Person beschäftigt ist, seine Tätigkeit nachgeht oder selbständige Erwerbstätigkeit ausübt und der Ort, aus welchem das Eigentum verwaltet wird, berücksichtigt werden können. Die Person, deren fester Wohnsitz in Bulgarien, aber ihr Lebensmittelpunkt nicht im Land ist (Art. 4 Abs. 4 und Abs. 5 GENP), wird nicht als inländische natürliche Person qualifiziert.
Gemäß den Bestimmungen des Art. 8 Abs. 6 Ziff. 9 GENP gelten als Einkommensquellen innerhalb der Republik Bulgarien die Einkommen aus Geschäftsführungsverträgen von Unternehmen, die von inländischen Personen, Handelsvertretungen sowie vom Geschäftsort oder einen bestimmten Standort in der Republik Bulgarien ausgewiesen/ausgezahlt werden. Hier wäre zu beachten, dass die Geschäftsführungsvertragsverhältnisse, einschließlich mit Vorständen und Aufsichtsräte der Unternehmen im Sinne des § 1 Ziff. 26 B. h der Zusätzlichen Bestimmungen zum GENP als Arbeitsverhältnisse qualifiziert werden.
Sollte die Person als inländische Person qualifiziert werden, so finden für ihre Besteuerung die Bestimmungen des Art. 24 GENP i. V. m. § 1 Ziff. 26 B. h der ZB zum GENP Anwendung. In dieser Hinsicht wird das steuerpflichtige Einkommen aus Arbeitsverhältnissen nach den Bestimmungen des Art. 25 GENP und die jährliche Bemessungsgrundlage nach den Bestimmungen des Art. 25 GENP festgelegt.
Wird die Person als ausländische Person qualifiziert, so finden für ihre Besteuerung die Bestimmungen des Art. 37 Abs. 1 Ziff. 9 GENP Anwendung, wonach die Einkommen aus Geschäftsführungsverträge mit Einkommensquellen innerhalb Bulgarien, die zugunsten ausländischer natürlicher Personen ausgewiesen/ausgezahlt und nicht in einem bestimmten Standort im Land erwirtschaftet worden sind, einer endgültigen Besteuerung unterliegen, unabhängig der Bestimmungen des Art. 13 GENP. Der endgültige Steuersatz gem. Art. 37 beträgt 10 v. H. (Art. 46 Abs. 1 GENP).
Aufgrund von Art. 65 GENP ist die Einkommenssteuer gem. Art. 37 Abs. 1 Ziff. 9 GENP bis zum Monatsende nach dem Abrechnungsquartal des Unternehmens, von dem das Einkommen leistende Unternehmen auszuweisen und zu leisten.
Die Einkommen leistende Unternehmen, die eine endgültige Steuer für ausgewiesene/ausgezahlte Einkommen an ausländischen Personen laut Kapitel sechs in Abzug gebracht haben, weisen dies mit einer Steuererklärung gem. Art. 55 Abs. 1 GENP aus, welche bis zum Monatsende nach dem Abrechnungsquartal des Unternehmens, einzureichen ist.
Auf Anforderung der ausländischen Person ist gem. Art. 58 GENP eine Bescheinigung über die an die Bezirksdirektion der NAP geleistete Steuer, in der die Erklärung gem. Art. 55 Abs. 1 GENP eingereicht worden ist, auszustellen.
Gemäß den Bestimmungen des Art. 37 Abs. 7 GENP unterliegen keiner endgültigen Steuer die Einkommen, die gemäß Art. 13 steuerfrei und zugunsten ausländischer natürlicher Personen ausgewiesen/gezahlt worden sind, die für Steuerzwecke in einem EU-Mitgliedstaat sowie in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums ansässig sind. Diese Tatsachen sind dem Einkommenszahler durch einen von der Finanzbehörde des Landes, in der die Person für Steuerzwecke ansässig ist, ausgestellten Nachweis und durch eine Erklärung des Einkommensempfängers, dass die Bedingungen des Art. 13 GENP (Art. 37 Abs. 8 GENP) erfüllt sind, zu bescheinigen.
Hinsichtlich der Steuerbelastung wären die Bestimmungen des Art. 75 GENP hervorzuheben, laut welchen die von der Republik Bulgarien ratifizierten und in Kraft getretenen Abkommen und anderen internationalen Verträgen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung hinsichtlich der inländischen Steuervorschriften vorrangig angewandt werden. Sofern die Republik Bulgarien mit dem Herkunftsland der konkreten natürlichen Person ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung geschlossen hat, hat diese Person die Anwendung gemäß den Bestimmungen des III. Abschnitts des sechzehnten Kapitels des Steuer- und Versicherungsgesetzbuchs begründet nachzuweisen.
Die Autorin dieses Artikels, Frau Desislava Ivanova, ist deutschsprachige Lohnbuchhalterin in der Steuerkanzlei Germania, zugehörig der Rechtsanwaltskanzlei Ruskov und Kollegen.