Der Schutz der Rechte, die sich aus Markenzeichen ergeben, kann in Bulgarien durch Anwendung des Privatrechts, der Strafverfolgung oder durch Verwaltungsverfahren, indem das Letzte bei der bulgarischen Kommission für Schutz des Wettbewerbs (KSW) geführt werden kann, auf verschiedene Weisen verwirklicht werden.
Das bei der KSW geführte Verfahren ist ein Verwaltungsverfahren, womit die Einstellung der Nutzung des Markenzeichens unter dem Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs (neben weiteren Verletzungen des Wettbewerbsrechts) verfolgt wird, wofür das Gesetz als Ahndung eine Geldbuße vorsieht. Die verwaltungsrechtlichen Haftungsansprüche gegen den Störer eines Markenzeichens kann mit zivilrechtlichen Haftungsansprüchen verknüpft werden, indem damit die vollständige Befriedigung des Markenrechtsinhabers hinsichtlich der für ihn durch die unrechtmäßige Nutzung seines Markenzeichens entstandenen Folgen gewährleistet werden kann.
I. Tatbestand der Rechtsverletzung gem. Art. 35 Abs. 2 des Gesetzes über den Schutz des Wettbewerbs (SWG)
Unter Art. 35 Abs. 1, der als „Nachahmung“ betitelt ist, definiert das bulgarische Gesetz über den Schutz des Wettbewerbs (SWG) eine allgemeine Rechtsverletzung, die unter dem siebten Kapitel – Verbot unlauteren Wettbewerbs – fällt: „Verboten ist das Anbieten von Waren oder Dienstleistungen, deren Aussehen, Verpackung, Kennzeichnung, Bezeichnung oder weitere Merkmale irreführend sind oder sein könnten, und zwar hinsichtlich Herkunft, Erzeuger, Verkäufer, Herstellungsart und –ort, Bezugsquelle und –art oder Nutzungsquelle und -art, Menge, Quantität, Güte, Verbrauchermerkmale und weitere wesentliche Eigenschaften der Ware oder der Dienstleistung.“ Diese allgemeine Regelung ist kasuistisch um den nächsten Absatz desselben Artikels ergänzt, der einen speziellen Tatbestand der Rechtsverletzung gem. Abs. 1 darstellt: „(2) Verboten ist die Verwendung von Firma, Marke oder geographische Herkunftsangaben, die mit denjenigen anderer Personen identisch oder ähnlich sind, auf eine Art und Weise, womit die berechtigten Interessen der Konkurrenten betroffen werden.“
Die Marke individualisiert das Produkt, hat aber auch einen Einfluss auf den Marktanteil und dementsprechend auf den Erlös und Gewinn bzw. auf die Lebensfähigkeit des Unternehmens, abgesehen davon, dass sie auch mit dessen Identität verbunden ist. Die Marke stellt eine Qualitätsgarantie und Erleichterung der Verbraucherwahl dar, womit die Gefahr auf einen nicht zufriedenstellenden Kauf verringert wird. Aufgrund der vielfachen Wirkung der Marke auf die Wirtschaftsbeteiligten und den Markt an sich, ist ihre Nachahmung durch spezielle gesetzliche Regelungen geschützt.
Aufgrund des Inhalts des SWG zieht die bulgarische Rechtsprechung folgende kumulative Voraussetzungen für das Bestehen einer Rechtsverletzung des Art. 35 Abs. 2 SWG:
a) Nachahmung von Waren und Dienstleistungen mit ähnlichem Charakteristikum und Bestimmung;
b) das nachgeahmte Produkt muss vor der Nachahmung auf den Markt etabliert worden sein;
c) Die Marke muss auf eine Weise benutzt werden, die den Konkurrenten schaden könnte.
Das Gericht in Bulgarien legt die Bestimmungen des Art. 35 Abs. 2 nicht wörtlich aus, indem es die Anforderungen an das Vorliegen eines Verstoßes erweitert – das nachgeahmte Produkt muss vor der Nachahmung auf den Markt etabliert worden sein. Das entspricht der Logik des Nachahmungsverbots. Es ist von besonderer Bedeutung, dass das Produkt auf den Markt, für den der Schutz ersucht wird, bereits etabliert ist – d. h. ein deutsches Produkt, das unter deutschem, bzw. EU-Markenrechtsschutz steht und überhaupt ein Markenzeichen, das in Bulgarien unter Schutz steht, sollte den Schutz dieser Regelung genießen, gesetzt den Fall, dass dieselbe Ware oder Dienstleistung in Bulgarien etabliert worden sind.
Eine besondere Rolle spielt die Anforderung über die Irreführung oder mögliche Irreführung, die den Nachahmer begünstigt, indem die Rechtsprechung in Bulgarien diese Rolle als Grund für die Anwendung der Bestimmungen des Art. 35 Abs. 2 hervorhebt. Ein besonderer Bestandteil des Tatbestands ist mit der Möglichkeit verbunden, dass das angebotene Produkt in die Irre führen kann – die Verbraucher könnten den Eindruck bekommen, dass sie ein konkretes Produkt erwerben/eine konkrete Dienstleistung in Anspruch nehmen, zugleich wird ihnen aber etwas anderes angeboten, indem mit dieser Regelung die Interessen der Wettbewerber, denen geschadet werden könnte, geschützt werden, lediglich für den Fall, dass für die Verbraucher eine objektive Wahrscheinlichkeit der Irreführung besteht. Um eine Verletzung dieser Regelung feststellen zu können, reicht es, dass eine mögliche Gefahr für die Schädigung der Interessen der Wettbewerber geschaffen worden ist und es bedarf nicht zwingend das Eintreten eines solches Ergebnisses. Es wird eine Parallele zwischen den allgemeinen Bestimmungen des Markenrechts und diese Regelungen gezogen, die das Wettbewerbsverhalten am Markt regeln.
Damit eine Irreführung im Sinne des SWG vorliegt, müssen Konkurrenz-„Unternehmen“ existieren. Im Sinne des SWG ist ein „Unternehmen“ jede natürliche und juristische Person oder Personengesellschaft, die einer wirtschaftlichen Betätigung nachgeht, unabhängig der Rechtsform und Struktur. Die Unternehmen müssen im Wettbewerb stehen – d. h. ähnliche oder identische Tätigkeiten innerhalb eines Marktes ausüben. Ein primäres Hauptargument für diese Tatsache kann aus dem Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft, in der Form ihrer Eintragung im Handelsregister, gewonnen werden.
Hinsichtlich der anderen materiell-rechtlichen Voraussetzungen, obwohl nach dem Buchstaben des Gesetzes eine Eintragung des nachgeahmten Markenzeichens nicht erforderlich ist, kann aus dem Inhalt des Gesetzes hinsichtlich der Regelung der Markenzeichenrechte (sowie laut dem Gesetz über die Marken und geographischen Herkunftsangaben und dem Europarecht) der Schluss gezogen werden, dass selbst im Falle einer nicht eingetragenen Marke, diese einen Schutz genießen sollte.
Die Praxis zeigt, dass der Schutz gegen eine Nachahmung für eingetragene Markenzeichen ersucht wird, das an sich für alle Unternehmen, die einen Mehrwert für seine Produkte und Dienstleistungen anstreben, ein weiteres Argument darstellt, um von der Eintragung seines Markenzeichens Gebrauch zu machen – auf diese Weise können sie durch das Verfahren gegen die Nachahmung eines Markenzeichens bei der KSW ihre Ansprüche geltend machen.
Ein besonderes Interesse stellen die Verstöße gegen die hier betrachtete Regelung im Internet dar. Das bulgarische Gesetz macht keinen Unterschied zwischen einem Verstoß in der virtuellen oder körperlichen Welt, indem wir hier der gerichtlichen Einlassung bedingungslos zustimmen (Beschluss Nr. 7396 vom 02.06.2014 des OVG in der OWi Nr. 10603/2013), und zwar, dass die vielen technischen Möglichkeiten, die das Netz ihren Verbrauchern bietet, die Anwendung und Einhaltung der jeweils gültigen gesetzlichen Vorschriften und des redlichen Handelsbrauchs nicht ausschließt. Es ist so, weil die Konkurrenten immer häufiger ein unlauteres Verhalten im Internet, wegen der wachsenden Rolle des Internets als Erfolg bringendes Handels- und Kommunikationsmittel, an den Tag legen. Durch den Missbrauch eines bestimmten Markenzeichens werden die Verbraucher, denen das entsprechende Domain oder Darstellung der Website als Geschäftsidentifikation eines bestimmten Unternehmens vertraut ist, aufgrund der Assoziation in die Irre geführt, dass die Website des unlauteren Wettbewerbern der Ort ist, an dem die Waren oder Dienstleistungen des ersten Unternehmens angeboten werden. In seinem Beschluss kommentiert das OVG den Verstoß gegen die Vorschriften des SWG durch den Einsatz von AdWords für gesponserte Werbung, in denen die Schlüsselwörter das Markenzeichen, bzw. ein Teil des Markenzeichens, enthalten sind, die in Verbindung mit der Darstellung der vom Rechtsverletzter aufgebauten Website, dem allgemeinen Markt und Dienstleistungen des Konkurrenten für den Verbraucher täuschend oder irreführend sein kann, und er letztendlich nicht weiß, auf wessen Website er sich gerade befindet. In der Motivation der vor dem OVG angefochtenen Entscheidung der KSW wird der Suchvorgang im Internet beschrieben: der Verbraucher gibt Wörter oder Wortverbindungen ein und bei einer Überstimmung in der Suchmaschine werden natürliche Ergebnisse ausgeführt, indem die Übereinstimmungen in den Schlüsselwörtern, die in den Meta-Elementen oder Quellencodes der Websites enthalten sind, gesucht werden. In der konkreten Hypothese wird durch die AdWords von Google den Werbetreibenden angeboten, Schlüsselwörter einzugeben und angesichts des entgeltlichen Charakters des Werbeangebots, werden bei einer Übereinstimmung dieser Schlüsselwörter die Ergebnisse von den anderen, natürlichen, hervorgehoben, und zwar durch eine andere Farbe und Position – oben, seitlich oder unten. Die KSW hat die Gründe für das Visualisieren eines ganz anderen Inhalts, der mit der eingegebenen Bezeichnung nichts zu tun hat, bei einer Suche nach Schlüsselwort - „Wortteil des streitbefangenen Markenzeichens“ - vorsichtig und konsequent untersucht. Die KSW kommt zu der vom Gericht bestätigten Schlussfolgerung, dass der einzige Grund, weshalb ein Unternehmen ein Markenzeichen eines anderen Unternehmens, mit dem es im Wettbewerb steht, als Schlüsselwort eingibt, in der Nutzung des Netzverkehrs und Verhaltens der Verbraucher, die sich täuschen würden auf welchen der Konkurrenten sie gerade geraten, besteht.
Die weiter oben angeführte Entscheidung setzt voraus, dass solche Praktiken im Internet künftig immer häufiger zu Streitfällen in Bulgarien führen werden, insbesondere in Bezug auf die nicht besonders sichtbaren Teile des Internets, die eigentlich das Verhalten der beim Verbraucher dargestellten Information prägen. Das Gericht, und im Einzelfall die KSW, bekunden ihre Bereitschaft, diese Wirkungen des virtuellen Geschäfts zu erkennen und die Regeln für das Wettbewerbsverhalten und für diese Abläufe anzuwenden.
II. Verfahren und Maßnahmen laut dem SWG
Die Durchsetzung von Ordnungswidrigkeitsmaßnahmen wegen der Nachahmung eines Markenzeichens innerhalb des Wettbewerbsrechts findet bei der KSW statt. Das Ermittlungsverfahren zur Feststellung eines Verstoßes wird aufgrund einer Kommissionsentscheidung oder auf Antrag der Personen, deren Interessen durch eine Verletzung dieses Gesetztes beeinträchtigt oder gefährdet sind, eingeleitet. Der Antrag ist im Bulgarischen zu erstellen und hat Folgendes zu beinhalten:
- Name/Bezeichnung und Registrierungsdaten/Personenkennzahl des Antragstellers und die der angezeigten Person;
- Adresse/Sitz und Geschäftsadresse des Antragstellers und die der angezeigten Person;
- Beschreibung der Umstände, auf die sich der Antrag und der vorgebrachte Verstoß stützten;
- das Ersuchen an sich;
- Beweise, die das Ersuchen stützen; 6. die Unterschrift des Antragstellers oder seines Vertreters;
- Nachweis der entrichteten staatlichen Gebühr.
Der Antrag ist laut eines von der Kommission genehmigten Vordrucks zu stellen, der von der Website der Kommission heruntergeladen werden kann.
Die Kommission leitet eine Prüfung ein, indem sie berechtigt ist, im Rahmen dieser Prüfung weitere Informationen und Sachbeweise, schriftliche, digitale und elektronische Beweise, ohne Rücksicht auf den Datenträger, auf dem sie gespeichert sind, zu verlangen; schriftliche oder mündliche Aussagen aufzunehmen; externe Gutachter mit der Erstellung von Gutachten zu beauftragen. Für die Rechtspersonen besteht eine Mitwirkungspflicht gegenüber der Kommission und deren Arbeitsteam.
Nach Abschluss der Prüfung erstellt das Arbeitsteam einen Bericht, der dem für das Verfahren zuständige Kommissionsmitglied vorgelegt wird. Der Kommissionsvorsitzende legt durch Beschluss die Behandlung des Berichts an einer öffentlichen Kommissionsverhandlung fest, auf der die Verfahrensbeteiligten angehört werden. Für den Handelsverkehr ist es besonders wichtig, dass das Gesetz kurze Fristen für den Abschluss dieses Verfahrens vorsieht – die laut diesem Kapitel durchzuführende Prüfung ist binnen einer Frist von zwei Monaten ab der Verfahrenseinleitung abzuschließen und kann um 30 Tage verlängert werden. Zum Schluss wird eine Entscheidung gefällt, womit das Vorliegen eines Verstoßes festgestellt wird und entsprechende finanzielle Sanktionen auferlegt werden oder dass kein Verstoß vorliegt, indem das Gesetz ausdrücklich darauf hinweist, dass dies kein Hindernis zur Geltendmachung der Ansprüche mit einer Zivilklage ist. Gegen die Entscheidungen der Kommission kann aufgrund einer Sonderklausel vor dem Obersten Verwaltungsgericht Bulgariens Berufung eingelegt werden.
Ein Hauptargument bezüglich der Wirksamkeit des bei der KSW geführten Verfahrens ist die Höhe der von der Kommission auferlegten Sanktionen – für einen Verstoß gegen den Vorschriften des siebten Kapitels (Verbot unlauteren Wettbewerbs) erlegt die Kommission eine Sanktion in Höhe von 10 v. H. vom gesamten Umsatz des Unternehmens oder Unternehmensverbands für das Vorjahr auf. Für die Festsetzung des Bußgeldes werden die Schwere und Laufzeit des Verstoßes sowie die be- und entlastenden Beweise berücksichtigt. Die für den Einzelfall festgesetzte Höhe des Bußgelds wird von der Kommission gemäß des von ihr genehmigten und auf ihrer Website veröffentlichen Verfahrens bestimmt. Es ist zu beachten, dass dieses Bußgeld nicht die Zwecke eines Schadenersatzes erfüllt, indem dieses vor dem Zivilgericht geltend zu machen ist, aber die feststellende Entscheidung der Kommission über das Vorliegen eines Verstoßes ist ein schweres Argument für den positiven Ausgang eines Gerichtsverfahrens. Ein rechtskräftiger Beschluss des Obersten Verwaltungsgerichts, womit der Entscheidung der Kommission stattgegeben wird, ist für das Zivilgericht hinsichtlich Rechtsgültigkeit und Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kommission bindend. Die Entscheidung der Kommission, die nicht angefochten oder deren Berufung nicht zurückgezogen worden ist, ist für das Zivilgericht rechtsgültig und rechtsmäßig bindend. In diesem Fall verjährt der Schadensersatzanspruch binnen 5 Jahren nach Inkrafttreten des Beschlusses des Obersten Verwaltungsgerichts oder der Entscheidung der Kommission.
Zusammenfassend kann man die Schlussfolgerung ziehen, dass ein Verfahren bei der bulgarischen Kommission für den Schutz des Wettbewerbs einen effizienten Schutz der Interessen des Inhabers eines bulgarischen, EU-Markenzeichen oder internationales Markenzeichens, dessen Rechte in der Republik Bulgarien greifen, bietet. Dieses Verwaltungsverfahren gewährleistet einen guten Rahmen für Bußgelder gegen unlautere Wettbewerbern und der Unterbindung von Handlungen, die die Interessen des Markenrechtsinhabers ernsthaft schädigen könnten. Das Verfahren verläuft unter der Geheimhaltung der Angaben der Beteiligten, ist weitgehend von den für ein Zivilverfahren üblichen Formalitäten befreit und verläuft in relativ kurzen Fristen.
Angesichts der weiter oben aufgeführten Argumente bietet die Rechtsanwaltskanzlei Ruskov & Kollegen eine Bewertung der Anwendbarkeit dieses Verfahrens für Unternehmen im Hinblick des bestmöglichen Schutzes ihrer Interessen in Bulgarien, was der Unterbindung des unlauteren Wettbewerbs und entsprechende Prozessvertretung in Streitigkeiten vor der KSW anbelangt.
Der Autor dieses Artikels, Herr Marin Marinov ist Rechtsanwalt in der Rechtsanwaltskanzlei Ruskov und Kollegen in Sofia und spezialisiert in den Bereichen des Internetrechts und geistigen Eigentums.