Der Geschäftsführer zählt zu den Organen, denen die Führung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (bulg: Дружество с ограничена отговорност, kurz ООД, hier GmbH) in Bulgarien obliegt. Er vertritt die Gesellschaft in ihren Beziehungen mit anderen Rechtspersonen.
I. Anforderungen an den Geschäftsführer
Der Geschäftsführer ist ein selbständiges Organ. Das Gesetz erfordert die Bestellung einer geschäftsfähigen natürlichen Person. Eine Voraussetzung zu seiner Beteiligung als Gesellschafter besteht nicht, doch es kommt häufig vor, dass der Mehrheitsgesellschafter die Funktion des Geschäftsführers bekleidet. Es können auch mehrere Geschäftsführer bestellt werden. Sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorgesehen ist, ist jeder davon zur Einzelvertretung der Gesellschaft berechtigt. Das ist die einzige Einschränkung der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers gegenüber Dritten, die eine Auskunft über die Vertretungsregelung der Gesellschaft vom bulgarischen Handelsregister einholen können. Als Geschäftsführer dürfen keine Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Vorstandsmitglieder von Banken usw. bestellt werden. Art. 141 Abs. 8 vom Handelsgesetz verbietet Folgendes: Als Geschäftsführer kann keine insolvente Person oder eine Person bestellt werden, die Geschäftsführer, Mitglied eines Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans einer Gesellschaft gewesen ist, die zwei Jahre vor der Entscheidung zur Bekanntmachung der Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit aufgelöst wurde und nicht alle Gläubiger befriedigt worden sind. Eine Person, die Geschäftsführer, Mitglied eines Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans einer Gesellschaft gewesen ist, für die einen rechtskräftiger Bußgeldbescheid wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zur Vorratsanschaffung und –haltung nach Maßgabe des Gesetzes über die Bevorratung mit Erdöl und Erdölerzeugnissen erlassen worden ist, kann nicht als Geschäftsführer bestellt werden.
Ein weiteres Verbot des HG (Art. 142) betrifft das Wettbewerbsverbot. Sein Charakter ist jedoch relativ und kann durch Beschluss der Gesellschafterversammlung aufgehoben werden. Ohne Zustimmung der Gesellschaft ist der Geschäftsführer nicht berechtigt:
- in eigenem oder eines Dritten Namen Handelsgeschäfte zu tätigen;
- sich an offenen und Kommanditgesellschaften sowie Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu beteiligen;
- Mitglied der Verwaltungsorgane anderer Gesellschaften zu sein.
Die Beschränkungen unter Abs.1 kommen dann zur Anwendung, wenn eine mit jener der Gesellschaft vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird.
Bei Verletzung der Verpflichtungen nach Abs.1 ist der Geschäftsführer zum Schadensersatz für die der Gesellschaft zugefügten Schäden verpflichtet.
Es besteht kein Hindernis zur Befreiung von den Beschränkungen seitens des Alleingesellschafters, bzw. der Gesellschafterversammlung.
Gleichzeitig regeln mehrere Gesetze, dass ein und dieselbe Person nicht berechtigt ist, gleichzeitig Geschäftsführer einer Gesellschaft und Rechtsanwalt, Geschäftsführer einer Gesellschaft und Notar, Geschäftsführer einer Gesellschaft und Beamter im Dienstverhältnis usw. zu sein (Art. 5 Abs. 2 vom Gesetz über die Anwaltschaft, Art. 9 Abs. 1 Nr. 5 vom Gesetz über die Notare und Notartätigkeit, Art. 107a vom Arbeitsgesetzbuch).
II. Bestellung
Der Geschäftsführer wird durch einen mit einfacher Mehrheit getroffenen Beschluss der Gesellschafterversammlung der GmbH bestellt, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht eine andere Mehrheit vorsieht. Mit dem Inkrafttreten der Änderungen des Handelsgesetzes ist für die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers ab Dezember 2017 sowie für die Festlegung seiner Vergütung ein Protokoll mit gleichzeitiger notarieller Unterschriftsbeglaubigung und Beurkundung erforderlich, sofern der Gesellschaftsvertrag keine Schriftformerfordernis vorsieht (Art. 137 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. Abs. 4 HG). Der erste Geschäftsführer wird gleichzeitig mit der Genehmigung des Gesellschaftsvertrags bestellt. Für die Konstituierung des Geschäftsführers als Organ der GmbH bedarf es auch seiner Einwilligung. Deshalb hat er eine notariell beglaubigte Einwilligungserklärung mit Unterschriftsmuster (Art. 141 Abs. 3 HG) beim bulgarischen Handelsregister einzureichen. Die Bestellung des Geschäftsführers hat eine konstituierende Eigenschaft und wird mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam.
Die Beziehungen zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft werden mithilfe eines Geschäftsführervertrags, der von einer durch die Gesellschafterversammlung ermächtigten Person oder vom Alleingesellschafter im Namen der Gesellschaft in Schriftform abzuschließen ist, geregelt.
III. Rechte und Pflichten des Geschäftsführers
Art. 141 Abs. 1 vom HG lautet: Der Geschäftsführer organisiert und leitet die Tätigkeit der Gesellschaft unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften und der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung.
Im Innenverhältnis umfassen die Befugnisse des Geschäftsführers Folgendes:
- Einberufung der ordentlichen und außerordentlichen Gesellschafterversammlung (Art. 138 HG);
- Zuständigkeit für die Vorbereitung der Sitzungen der GV;
- Erstellung der Entscheidungsentwürfe, die der GV zur Abstimmung vorzulegen sind;
- Eintragung der einzutragenden Beschlüsse in das HR;
- Zuständigkeit für die ordnungsgemäße Führung der Geschäftsbücher;
- Erfüllung der Funktion des Liquidators, sofern per Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluss der GV keine andere Person bestimmt ist;
Seine Befugnisse im Außenverhältnis laufen auf die Vertretung der Gesellschaft hinaus und er erfüllt materiell- und verfahrensrechtliche Handlungen.
Der Geschäftsführer darf uneingeschränkt Geschäfte aller Art abschließen. Eine Beschränkung besteht für Geschäfte zum Erwerb oder Veräußerung von Immobilien, Begründung dinglicher Rechte. Nach Art. 137 Abs. 1 Nr. 7 HG werden diese durch Beschluss der GV geschlossen.
IV. Schutz gegen rechtswidriges Verhalten des Geschäftsführers
Der Schutz gegen rechtswidriges Verhalten des Geschäftsführers, ohne ihn in die Haftung zu nehmen, kann durch Klageerhebung von einem Gesellschafter der GmbH über die Feststellung der Nichtigkeit der vom Geschäftsführer geschlossenen Geschäfte erfolgten. Für die Klageerhebung bedarf es des berechtigten Interesses des Klägers (er ist Gesellschafter der GmbH und die geschlossenen Geschäfte verletzen die Mitgliedschaftsrechte eines Gesellschafters). Infolge der Klageerhebung ist die Nichtigkeit des vom Geschäftsführer geschlossenen Geschäfts festzustellen, indem die Nichtigkeitsgründe im Gesetz geregelt sind.
V. Verwirklichung der Haftung des Geschäftsführers
Gem. Art. 145 HGB: Geschäftsführer und Aufsichtsorgan tragen die Vermögenshaftpflicht für der Gesellschaft zugefügte Schäden. Die Haftung des Geschäftsführers ist speziell – vermögensrechtliche Haftung (in diesem Sinne ergingen auch der Beschluss Nr. 41 vom 29.04.2009 in der HS Nr. 669/2008, I. HK, HK des OKG; Beschluss Nr. 70 vom 07.06.2012 in der HS Nr. 276/2011, II. HK des OKG), da sie auf die zwei Rechtsverhältnisse, die der Geschäftsführer mit der Gesellschaft hat, beruht: organschaftlich (das mit dem Beschluss zu seiner Bestellung/Wahl begründet wird) und vertraglich (aufgrund des geschlossenen Geschäftsführervertrags).
Sie umfasst die Entschädigung wegen zugefügter Schäden und entgangenen Gewinne, die sich unmittelbar aus seinen rechtswidrigen Handlungen ergeben und bei deren Ausübung sie vorhersehbar waren. Für die Verwirklichung der vermögensrechtlichen Haftung des Geschäftsführers ist die gerichtliche Feststellung einer Handlung oder Unterlassung des Geschäftsführers, die ein Verstoß gegen die von ihm übernommenen Pflichten gegenüber der Gesellschaft darstellt, erforderlich. Der Tatbestand umfasst auch: für die Gesellschaft entstandener Schaden, Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Verhalten des Geschäftsführers sowie sein Verschulden.
In der Praxis kommt es häufig vor, dass der Geschäftsführer ein Vertrag über die Übertragung von dinglichen Rechten an einer Immobilie, die Eigentum der Gesellschaft ist, mit Dritten, ohne wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung für die Veräußerung im Sinne des Art. 137 Abs. 7 HG, abschließt. Gemäß den letzten Änderungen des HG bedarf es zur Wirksamkeit dieser Entscheidung der Erstellung eines Protokolls mit gleichzeitiger notarieller Unterschriftsbeglaubigung und Beurkundung, sofern der Gesellschaftsvertrag keine Schriftformerfordernis enthält. Nach Maßgabe der zwingenden Rechtsprechung ist eine solche Handlung des Geschäftsführers wirksam, bzw. der Übertragungsvertrag ist nicht nichtig und bewirkt eine gültige Rechtshandlung (Auslegungsurteil Nr. 3/2013 vom 15.11.2013 in der AS-Nr. 3/2013 der Hauptversammlung der Kammer für Straf-, Zivil- und Handelssachen beim OKG), die wiederum ein Anlass für die Inanspruchnahme der Schadenersatzpflicht des Geschäftsführers begründet (Beschluss Nr. 202 vom 22.12.2010 in der HS-Nr. 764/2009, II. HK, HK des OKG).
Um die Schadenersatzpflicht des Geschäftsführers zu verwirklichen, bedarf es des Beschlusses der GV für die Ausübung des Klagerechts der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer (Art. 137 Abs. 1 Nr. 8 HG). Dafür ist lediglich die GV zuständig und diese Zuständigkeit kann nicht abgetreten werden. Sollte der Geschäftsführer auch Gesellschafter der GmbH sein, wird in der Rechtsprechung angenommen, dass er bei der Abstimmung des Beschlusses für die Klageerhebung und Vornahme von Rechtsschritten gegen ihn nicht teilnimmt. Dieses Verbot dient zum Schutz der Rechte des Gesellschafters, wenn seine Interessen den Interessen der Gesellschaft in dieser Entscheidung entgegenstehen. Für die Haftpflicht eines ehemaligen Geschäftsführers der GmbH bedarf es eines Beschlusses im Sinne des Art. 137 Abs. 1 Nr. 8 HG nicht. In diesem Fall ist die Klage vom gegenwärtigen Geschäftsführer ohne die vorherige Abstimmung der GV zu erheben.
VI. Aufhebung der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers
Die Befugnisse des Geschäftsführers werden aus folgenden Gründen aufgehoben:
- Ableben des Geschäftsführers;
- Verfügungsverbot;
- Abberufung – durch einen mit einfacher Mehrheit getroffenen Beschluss der Gesellschafterversammlung. Nach Maßgabe der zwingenden Rechtsprechung hat der „Gesetzgeber keine Gründe für die Abberufung des Geschäftsführers vorgehsehen“ und seine Abberufung kann frei erfolgen (Beschluss Nr. 247 vom 11.01.2013 in der HS-Nr. 46/2012, II. HK, HK des OKG).
- auf Antrag des Geschäftsführers zur Löschung aus dem Handelsregister. Dieses Recht des Geschäftsführers bedarf zu seiner Wirksamkeit des schriftlichen Antrags an die Gesellschaft, die ihrerseits binnen eines Monats nach Zustellung des Antrags diesen Umstand an das Handelsregister zu melden hat. Sollte die Gesellschaft die Löschung und die Bestellung eines neuen Geschäftsführers nicht bewirken (sofern nur ein Geschäftsführer bestellt ist), so ist der gegenwärtige Geschäftsführer berechtigt, seine Löschung aus dem Handelsregister selbst zu beantragen.