Unsere Kanzlei bekommt fast jeden Tag Anfragen über Beitreibung von Forderungen in Bulgarien, die gerichtlich durchgesetzt werden müssen. In diesem Fall müssen wir den Mandanten jedes mal erklären welche Prozessschritte in Bulgarien üblich und wie hoch die entsprechenden Kosten sind.
Mit diesem Artikel stellen wir Ihnen kurz vor, was bei einer Klageerhebung in Bulgarien beachtet werden muss und welche Kosten zu erwarten sind.
Zuallererst muss jedoch die Gegenseite, also der Schuldner, identifiziert werden – also nach Namen, Personenkennziffer (für bulgarische Staatsangehörige), Adresse, Umsatzsteueridentifikationsnummer. Dadurch ist es für uns auch möglich eine Bonitätsprüfung des Schuldners vorzunehmen. Denn wenn der Schuldner kein pfändbares Vermögen hat, so ist nicht ratsam Rechtsschritte einzuleiten, da diese nur mit zusätzlichen Kosten für den Kläger verbunden sind.
Der Antragsteller muss ebenfalls identifiziert werden – handelt es sich dabei z.B. um eine ausländische Gesellschaft handelt, so muss ein aktueller Handelsregisterauszug mit offizieller bulgarischen Übersetzung vorgelegt werden.
Dabei ist auch zu beachten – Prozesssprache ist in Bulgarien Bulgarisch. Das bedeutet, dass alle Prozessunterlagen, vor allem Beweise, vorab ins Bulgarische übersetzt werden müssen. Die üblichen Gebühren eines Übersetzers in Bulgarien, der gut Rechtstexte übersetzen kann, belaufen sich auf ca. € 8 pro Seite.
In Bulgarien können folgende Rechtsschritte eingeleitet werden, wenn eine Forderung beigetrieben werden soll.
I. Mahnverfahren
Das Mahnverfahren ist ein Gerichtsverfahren, das der vereinfachten Durchsetzung von Geldforderungen und der Herausgabe von Sachen dient. Dessen Ziel ist die Zwangsvollstreckung einer Geldforderung ohne Klageerhebung. Mehr über das Mahnverfahren in Bulgarien können Sie hier lesen.
Die Gerichtsgebühren für die Einleitung eines Mahnverfahrens belaufen sich auf 2 Prozent des Streitwertes. Hinzu können Anwaltsgebühren kommen, die von dem Streitwert abhängig sind.
Erhebt der Gläubiger gegen den Mahnbescheid Widerspruch und es kommt zu einem Gerichtsverfahren, so werden bei der Berechnung der Kosten de Gerichtsverfahrens nur die Gerichtsgebühren des Mahnverfahrens angerechnet, nicht jedoch die Anwaltsgebühren.
Erhebt der Gläubiger kein Widerspruch und es kommt zu einem Vollstreckungsverfahren, so entstehen weitere Kosten die unter Punkt IV beschrieben werden.
II. Maßnahmen zur Sicherung der Zwangsvollstreckung
Die Maßnahme zur Sicherung der Zwangsvollstreckung stellt ein Gerichtsverfahren dar, bei dem Sicherheitsmaßnahmen zur Sicherung der Forderung gegenüber dem Schuldner vor der Erhebung einer Klage in Bulgarien von dem Gericht auferlegt werden können. Der Zweck dieser Maßnahmen liegt darin, dem Gläubiger die Möglichkeit zu gewähren, die Befriedigung seiner Ansprüche gegen den Schuldner zu sichern. Mehr über das Verfahren zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in Bulgarien können Sie hier lesen.
Als Kosten und Auslagen für dieses Verfahren müssen folgende Beträge vorgesehen werden - Anwaltsgebühren (richten sich nach dem Streitwert), Gerichtsgebühren in Höhe von BGN 40 (nur bei der Sicherung der Zwangsvollstreckung aus einer künftigen Klage), Gebühren des Gerichtsvollziehers (siehe Punkt IV.).
III. Klageverfahren
Das Klageverfahren beginnt mit der Erhebung einer Klage vor dem örtlich und sachlich zuständigen Gericht. Der Klageschrift müssen allen schriftlichen Beweise (mit offiziellen bulgarischen Übersetzung, wenn diese in einer Fremdsprache verfasst sind) vorgelegt werden.
Kosten und Auslagen für die Einleitung eines Klageverfahrens sind die dabei entstehenden Anwaltsgebühren, die von dem Streitwert abhängen, Gerichtsgebühren in Höhe von 4 Prozent des Streitwertes, Gebühren für Sachverständige (diese hängen von der Schwierigkeit der Aufgabe an und deren Höhe wird von dem Gericht bestimmt), Übersetzungskosten, Reisekosten. Diese Kosten gelten nur für erste Instanz.
Bei einem Berufungsverfahren beträgt die Gerichtsgebühr 50 Prozent der Gebühr der ersten Instanz.
IV. Zwangsvollstreckungsverfahren
Ein Vollstreckungsverfahren kann eingeleitet werden, wenn ein Vollstreckungsbescheid ausgestellt ist. Das Original des Vollstreckungsbescheides wird mit einem Vollstreckungsauftrag dem Gerichtsvollzieher vorgelegt. In dem Auftrag müssen die Handlungen, die von dem Gerichtsvollzieher vorgenommen werden sollen, angeweisen werden (z.B. gemäß Art. 18 von dem Gesetz für die privaten Gerichtsvollzieher folgende Handlungen können durchgeführt werden: Überprüfung des Vermögens von dem Schuldner, Auskünfte einholen, Bestimmung der Art der Vollstreckung (z.B. Vollstreckung auf beweglichen Sachen, Immobilien, Forderungen gegenüber Drittpersonen), Kfz, Sendung der Ladungen, Auferlegung der Veräußerungsverbot auf der Grundstücke und Immobilien, Pfändung der Kfz, beweglichen Sachen, Bankkonten, Gesellschaftsanteile u.a.
Als Kosten für die Einleitng eines Vollstreckungsverfahrens können Anwaltsgebühren entstehen, die vom Streitwert abhängig sind.
Vor allem aber fallen hier die Gebühren des Gerichtsvollziehers an, wie z.B. Gebühren für die Eröffnung des Zwangsvollstreckungsverfahren, für allgemeine Prüfung des Schuldnervermögens und für die Ausfertigung und Zustellung einer Ladung oder anderes Schreibens - BGN 120, Gebühren für Pfändungs- und Überweisungsbeschlusse - BGN 19 pro Bank (In Bulgarien sind ca. 33 Banken vertretend), Gebühr für Pfändung der Gesellschaftsanteile - BGN 15, Gebühr für Auferlegung eines Veräußerungsverbotes an einer Immobilie – abhängig von der Steuerbescheid der Immobilie.
Bei der Betreibung einer Geldforderung berechnet der Gerichtsvollzieher eine Gebühr, deren Höhe von dem geforderten Geldbetrag abhängt. Die vom Gläubiger im Voraus bezahlten Gebühren, sowie die von der Forderung anteilige Gebühr des Gerichtsvollziehers, werden von dem Schuldner getragen, wobei die vorausgezahlten Beträge dem Gläubiger nach Beitreibung der Geldforderung zurückerstattet werden. Das sind nur allgemeine Handlungen, andere Handlungen, abhängig vom Gegenstand der Vollstreckung, können auch von dem Gerichtsvollzieher vorgenommen werden.