Neben der Handelsmarke gehört das Produktdesign auch in Bulgarien zu einer der wichtigsten das Gewerbe auszeichnenden Eigenschaften, wodurch das Produkt erkennbar wird und das Produktportfolio einer Marke entwickelt werden kann. In diesem Artikel wird eine kurze Übersicht des Rechtsrahmens zum Geschmacksmusterschutz in Bulgarien geboten.
I. Haupteigenschaften
Das Geschmacksmuster ist Hauptgegenstand des gewerblichen Eigentums, dessen Schutz jede moderne Gesetzgebung prägt. Der Geschmacksmusterschutz ist bereits unter Art. 1 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums von 1883 geregelt worden. Die Gegenstände des gewerblichen Eigentums verdanken dem Produktdesign diese positive für sie alle typische wirtschaftliche Auswirkung und zwar – Stärkung der Innovationskraft, Investitionen in die Entwicklung neuer Produkte und Steigerung des Mehrwerts einer Produktion.
Das bulgarische Gesetz über die Geschmacksmuster (GMG) definiert unter Artikel 3 Abs. 1 das Geschmacksmuster als die „Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Form, Linien, Konturen, Verzierung, Farbzusammensetzung oder aus einer Kombination von ihnen ergibt.“ Die Struktur dieser amtlichen Begriffsbestimmung, ergänzt um Abs. 2 desselben Artikels, entspricht der von der Europäischen Union in der VERORDNUNG (EG) Nr. 6/2002 DES RATES vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster festgelegten Definition – für die Zwecke der Regulierung ist der Gegenstand des Geschmacksmusters zu differenzieren: das GMG legt als Erzeugnis „jeden industriellen oder handwerklichen Gegenstand, einschließlich — unter anderem — der Einzelteile, die zu einem komplexen Erzeugnis zusammengebaut werden sollen, Verpackung, Ausstattung, graphischen Symbolen und typographischen Schriftbildern; ein Computerprogramm gilt jedoch nicht als „Erzeugnis“.
Der Begriff des Geschmacksmusters hinterlässt den Eindruck einer hohen Ebene der Abstraktion und aus diesem Grund wäre es angebracht, einige Beispiele zum Geschmacksmuster zu geben – Produktverpackung, Erscheinung des Erzeugnisses, Design eines Produktteils, Firmenlogodesign, das auf ein Produkt angebracht wird. Schutzgegenstand kann auch ein Hilfsprodukt sein wie z. B. ein USB-Anschluss eines Ladegeräts sowie der digitale Entwurf, z. B. das Menü einer Softwareanwendung.
II. Grundlagen zur Eintragung des Geschmacksmusters
In Bulgarien wird der Geschmacksmusterschutz wie bei den meisten Rechten des gewerblichen Eigentums durch eine Eintragung gemäß den Verfahrensbestimmungen des Bulgarischen Patentamts gewährleistet oder im Falle von Gemeinschaftsgeschmacksmustern – durch Eintragung beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum. Die Anforderungen an die Gewährleistung des Geschmacksmusterschutzes, der Erscheinung eines Produkts, werden durch einen der Zwecke dieses Schutzes vorausgesetzt und zwar - einen solchen lediglich für Innovationen zu gewährleisten. Dementsprechend werden an die Anmeldung zwei Voraussetzungen gestellt – Neuheit und Eigenart wie es unter Art. 11 Abs. 1 GMG ausdrücklich genannt wird.
Das bulgarische Gesetz über die Geschmacksmuster legt auch den Inhalt der Begriffe Neuheit und Eigenart fest. Ein Geschmacksmuster gilt als neu, wenn der Öffentlichkeit vor dem Tag der Anmeldung kein identisches Geschmacksmuster durch Veröffentlichung, Anwendung, Eintragungen oder Offenbarung jeglicher Art und überall auf der Welt zugänglich gemacht worden ist. Das Gesetz und auch die Verordnung über die Gemeinschaftsgeschmacksmuster sehen einen äußerst großen Umfang der Prüfung der Neuheit vor – die Bewertung erfolgt aufgrund der Information, die der Öffentlichkeit zugänglich gemachten worden ist. Angesichts der Merkmale des verfolgten Schutzes und zwar die spezifische Erscheinungsform eines Erzeugnisses, ist anzunehmen, dass der Investor, Unternehmer, der von diesem Schutz Gebrauch machen möchte, über die erforderlichen Fachkenntnisse und Verfahren zur Überprüfung, ob Mitwettbewerber ein identisches Geschmacksmuster entwickeln, sowie über die Erfahrung und Strategie zur Informationssammlung über solche Geschmacksmuster – spezifische Datenbanken im Internet, Fachliteratur, wissenschaftlichen Publikationen der Technischen Universitäten usw. – verfügt.
Ein Geschmacksmuster hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster bei diesem Benutzer hervorruft, das der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist und zwar vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag. Die Beurteilung der Eigenart der Geschmacksmuster, bzw. die Bewertung der Deckungsgleichheit beruht auf den Vergleich der wesentlichen Merkmale der Geschmacksmuster – diese Beurteilung ist stets konkret und je nach Auftrag spezifisch. Der Gesetzgeber leitet ausdrücklich den Grundsatz ab, dass Geschmacksmuster als identisch gelten, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden.
Das bulgarische GMG leitet zwei negative Voraussetzungen für die Eintragung eines Geschmacksmusters in Bulgarien ausdrücklich und zwingend ab. An erster Stelle darf das Geschmacksmuster gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten nicht verstoßen und in diesem Sinne ist ein Geschmacksmuster, das Gewaltszenen zeigt, als Diskriminierungsrhetorik usw. ausgelegt werden kann, nicht zulässig. An zweiter Stelle wird ein durch seine technische Funktion bedingte Geschmacksmuster nicht eingetragen. An letzter Stelle ist ein Geschmacksmuster von Verbindungselementen oder ein Erzeugnis, das in funktionellen oder genealogischen Zusammenhang mit dem Erzeugnis, auf das sich das Geschmacksmuster bezieht, nicht zulässig.
Dementsprechend ist für die Eintragung eines Geschmacksmusters die Übereinstimmung mit dem Begriff für Geschmacksmuster, das Vorhandensein des Erzeugnisses, das Vorliegen der Neuheit und Eigenart und die Nichterfüllung der negativen Voraussetzungen für die Ablehnung der Eintragung erforderlich.
III. Rechteinhaber
Der Entwerfer eines Geschmacksmusters hat den ausdrücklichen Anspruch auf die Urheberschaft im Sinne des bulgarischen GMG, unabhängig weiterer Urheberrechte, die ihm gemäß den Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes zustehen. Der Anspruch auf die Urheberschaft ist unveräußerlich und unbefristet. Der Entwerfer oder sein Rechtsnachfolger ist zur Geschmacksmusteranmeldung berechtigt, indem beim s. g. amtlichen Geschmacksmuster (wenn das Geschmacksmuster im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder eines Auftrags entworfen worden ist, vermutet das Gesetz ein Geschmacksmuster "von Amts wegen", aber die Parteien können vertraglich etwas anderes vereinbaren) der Arbeitgeber, bzw. der Auftraggeber, zur Anmeldung berechtigt ist.
Das GMG sieht eine spezielle Ordnung beim Schutz der Interessen des Entwerfers vor – sollte in der weiter oben erwähnten Hypothese der Arbeitgeber oder der Auftraggeber des Geschmacksmusters untätig bleiben, ist der tatsächliche Entwerfer innerhalb einer Frist von drei Monaten ab der Übermittlung seiner schriftlichen Meldung für das entworfene Geschmacksmuster zur Anmeldung der Eintragung berechtigt.
GMG unterscheidet auch die Hypothesen der Mitwirkung am Entwurf seitens mehrerer Personen und sieht in diesem Sinne vor, dass das Anmelderecht gemeinsam von den Mitentwerfern ausgeübt wird.
IV. Schutzumfang und Inhalt des Geschmacksmusterrechts
Das Geschmacksmusterrecht ist ausschließliches subjektives Recht und gewährt seinem Inhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung nachzuahmen oder ein geschütztes Geschmacksmuster für gewerbliche Zwecke zu benutzen. Dieser Umfang erstreckt sich auf die Wiedergabe oder Wiedergaben, die im eingetragenen Geschmacksmuster angegeben sind, d. h. jedes weitere Geschmacksmuster, das dem vorbestehenden Formschatz des eingetragenen Geschmacksmuster ähnlich ist, muss beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck hervorrufen und hinterlassen, andernfalls würde dieses Geschmacksmuster unter dem Schutzumfang des vorbestehenden Formschatzes fallen.
Die Benutzung schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr oder die Benutzung eines Erzeugnisses, in das das Muster aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, oder den Besitz des Erzeugnisses zu den genannten Zwecken ein.
Das bulgarische Gesetz über die Geschmacksmuster sieht auch einige Einschränkungen des ausschließlichen Rechts aus dem Geschmacksmuster, dessen Ziel ist, die Ausschweifung dieses sehr oft als Quasi-Monopol definiertes Recht einzuschränken und zwar das Geschmacksmuster für den privaten Bereich oder zu Versuchszwecken, zum Zwecke der Zitierung oder für Lehrzwecke zu verwenden, sofern solche Handlungen mit den Gepflogenheiten des redlichen Geschäftsverkehrs vereinbar sind, die normale Verwertung des Geschmacksmusters nicht über Gebühr beeinträchtigen und die Quelle angegeben wird sowie eine besondere Verwendung, die mit der nationalen Schutzrelevanz gem. GMG verbunden ist – die Benutzung in Fahrzeugen, die in einem Drittland zugelassen sind und vorübergehend in das Gebiet der Gemeinschaft gelangen.
V. Handlungen hinsichtlich des Geschmacksmusterrechts
Das bulgarische Geschmacksmusterrecht kann ein wirksamer Gegenstand von Übertragungsgeschäften sein, mit der Ausnahme, dass die Urheberschaft nicht übertragbar ist. Im Miteigentum bedarf es zur Gültigkeit der Zustimmung aller Mitinhaber (Art. 24 Ab. 2 GMG).
An nächster Stelle kann das Geschmacksmuster auch Gegenstand von Lizenzverträgen sein – und zwar von ausschließlichen und nichtausschließlichen Lizenzen, indem die Erteilung einer Lizenz an einem eingetragenen Geschmacksmuster keine wesentlichen Unterschiede gegenüber den allgemeinen Bestimmungen der Lizenzverfahren für gewerbliches Eigentum aufweist. Die Verträge sind ab dem Unterzeichnen und gem. Art. 26 Abs. 6 GMG mit ihrer Eintragung im Staatsregister gegenüber Dritten wirksam. Sofern keine ausdrücklichen Vereinbarungen getroffen worden sind, gilt die Lizenz als nichtausschließlich.
Die Rechte an das Geschmacksmuster können auch Gegenstand einer Sicherheitsleistung – Sicherheitsleistung für einen künftigen oder geltend gemachten Anspruch -, sowie Gegenstand eines Registerpfandrechts im Sinne des Registerpfandgesetzes sein. In diesem Sinne ist auch eine wirtschaftsrelevante Schlussfolgerung, die auch die Handelsmarken betrifft, zu argumentieren: die Rechte an Handelsmarken und Geschmacksmuster sind wandelbar und verfügbar, sie können Gegenstand mehrerer gesetzlich geregelter ökonomischer Handlungen sein und der Lösung von Geschäftsproblemen und -fragen Divergenz verleihen – diese Rechte können Gegenstand eines Pfandvertrags sein, als Sacheinlage in die Gesellschaft eingebracht werden, Gegenstand eines Übertragungsgeschäfts, von Lizenzverträgen sein, bieten den Vereinbarungen einen großen Spielraum und stellen relativ einfache Anforderungen an die Vertragsform. Und nicht zuletzt kann über die Handelsmarke und das Geschmacksmuster gefolgert werden, dass ihre internationale Regelung und vergleichsweise Anwendung in den nationalen Gesetzgebungen ein hohes Maß an Kongruenz und dementsprechend an Stabilität und Internationalität der Rechtsfrage aufweisen, das die Geschäftsprognose und –abschluss hinsichtlich solcher Rechte im globalen Maß erleichtert.
VI. Schutzdauer
Die Schutzdauer der Eintragung eines Schutzmusters in Bulgarien beträgt 10 Jahre, ab dem Anmeldetag (Art. 15 Abs. 1 GMG). Das Gesetz lässt eine Verlängerung der Eintragung um drei aufeinanderfolgenden Zeiträumen von je 5 Jahren zu, indem damit das Gleichgewicht zwischen öffentliches Interesse und Inhaber von Geschmacksmustern zu halten versucht wird. Die Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster unterscheidet sich hiervon: „Nach Eintragung durch das Amt wird ein Geschmacksmuster, das die im 1. Abschnitt genannten Voraussetzungen erfüllt, für einen Zeitraum von fünf Jahren, beginnend mit dem Anmeldetag durch ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt. Der Rechtsinhaber kann die Schutzdauer einmal oder mehrmals um einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren bis zu einer Gesamtlaufzeit von 25 Jahren ab dem Anmeldetag verlängern lassen.“
Diese kurze Übersicht bezweckt die Darstellung des Kapitels über das Geschmacksmuster als Gegenstand geistigen Eigentums und geht aus diesem Grund hinsichtlich der einzelnen Rechtsfragen und praktischen Belange, die in diesem Zusammenhang entstehen, nicht ins Detail.
Der Autor dieses Artikels, Herr Marin Marinov ist Rechtsanwalt in der Rechtsanwaltskanzlei Ruskov und Kollegen in Sofia und spezialisiert in den Bereichen des Internetrechts und geistigen Eigentums.