Die Aktien können sowohl anhand der allgemeinen Erwerbsverfahren (Kauf, Verkauf, Schenkung, Tausch) als auch durch Rechtsnachfolge (Erbschaft, Umwandlung von Handelsunternehmen) übertragen werden.
In Bulgarien sind die Rechtsvorschriften zu der Erbschaft von Aktien von Aktien im bulgarischen Erbgesetz (EG) und Handelsgesetz (HG) äußerst unzureichend und bieten Raum für vielseitige Auslegungen. Durch das Erben erlangt eine Person ein Vermögen (Gesamtheit von Rechten und Pflichten), das nach dem Ableben einer anderen Person (Erblasser) verblieben ist. Da das Erben durch die allgemeinen Bestimmungen des EG geregelt wird, folgt draus, dass Aktien sowohl aufgrund der gesetzlichen Erbfolge als auch durch ein Testament geerbt werden können.
Die Aktien werden gemäß Art. 31 EG auf die Erbmasse angerechnet. Die Aktie bietet dem Inhaber Vermögens- und Persönlichkeitsrechte gegenüber der Aktiengesellschaft und den anderen Aktionären. Die Persönlichkeitsrechte werden auf das Stimmrecht, Führungsrecht, das Recht des Aktionärs Mitglieder der Führungsorgane zu bestellen oder selbst als solches bestellt zu werden, den Anspruch auf Information, das Recht auf Einspruch gegen die Beschlüsse der Gesellschaftsorgane reduziert. Die Vermögensrechte des Aktieninhabers schließen das Recht auf Dividende, auf ein Liquidationsanteil im Falle der Auflösung der Gesellschaft, Anspruch auf Erwerb von einem Teil der neuen Aktien ein, der seinem Geschäftsanteil vor Kapitalerhöhung (Art. 194 HG) entspricht, die Vorzugsaktien gewährleisten das Recht auf eine zusätzliche oder gesicherte Dividende (Art. 182 HG).
Die Art und Merkmale der Aktien sowie die durch sie eingeräumten Rechte sind bei der Behandlung der Erbfolge zu berücksichtigen.
I. Gesetzliche Erbfolge
Der Nachlass wird gemäß Art. 1 EG nach dem Ableben am letzten Wohnsitz des Verstorbenen eröffnet. Der Kreis der Erben wird gemäß den Bestimmungen der Art. 5 – 12 EG festgelegt.
1. Verbriefte Aktien
Sofern die Satzung der Aktiengesellschaft nichts anderes vorsieht, wird der Erbe mit der Annahme der Erbschaft zum Aktionär der AG. Angesichts der Annahme der Erbschaft ist diese im Aktienregister (gem. Art. 179 HG) einzutragen. Der Erbe weist sich vor der AG anhand eines Identitätsausweises und Erbscheins aus.
2. Unverbriefte Aktien
Laut Art. 178 Abs. 2 HG kann die Aktiengesellschaft auch unverbriefte Aktien emittieren. Das Emittieren und die Verwaltung unverbriefter Aktien erfolgt nach Maßgabe des Gesetzes. Die gesetzlichen Bestimmungen zu den unverbrieften Aktien sind im Wertpapierprospektgesetz (WpPG) zu finden. Das Gesetz enthält keine Sonderregelungen hinsichtlich des Erbens unverbriefter Aktien. In diesem Fall finden die Bestimmungen des Art. 127 Abs. 1 WpPG Anwendung, womit die Übertragung unverbriefter Aktien geregelt ist: "Das Emittieren und die Verwaltung unverbriefter Finanzinstrumente ist ab dem Zeitpunkt ihrer Anmeldung in der Zentralen Wertpapierverwahrstelle wirksam."
Die gesetzlichen Erben erlangen Rechte an unverbrieften Aktien nicht etwa ab dem Zeitpunkt der Eröffnung oder Annahme der Erbschaft, sondern ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung als Aktionäre bei der Zentralen Wertpapierverwahrstelle, d.h. nur die eingetragenen Inhaber unverbriefter Aktien verfügen gegenüber der Gesellschaft über durchsetzbare Rechte eines Aktionärs (in diesem Sinne s. a. Beschluss Nr. 38/11.06.2010 des Berufungsgerichts Burgas). Die Eintragung erfolgt durch eine Wertpapierfirma, die über die Rechte einer Registrierstelle verfügt. Das Erbverfahren unverbriefter Aktien ist unter den Art. 172 – 172b von der Verordnung über die Tätigkeit der "Zentralen Depozitar" /ZD/ (Zentralen Wertpapierverwahrstelle) AD ausführlich geregelt und stellt Folgendes dar – gem. Art. 172 Abs. 1 reicht die Registrierstelle an die ZD eine Eintragungsanordnung zur Übertragung von Finanzinstrumenten anhand gesetzlichen Erbrechts und zwar nach der Anforderung zur Vorlage folgender Unterlagen ein:
- Erbschein, bzw. ein entsprechendes ausländisches Dokument mit beglaubigter und legalisierter Übersetzung im Original oder in notariell beglaubigter Abschrift;
- Anforderung einer Auskunft über die vom Erblasser besessenen Finanzinstrumente, unterzeichnet von allen Erben oder ihren Bevollmächtigten;
- Vertrag über die freiwillige Teilung, geschlossen zwischen allen Erben laut Erbschein und mit notarieller Beglaubigung ihrer Unterschriften (aufgrund der Auskunft gem. P. 2 sind im Vertrag sämtliche vererbte Finanzinstrumente einzuschließen, ausgenommen der testamentarisch vererbten);
- Anordnung zur Übertragung der entsprechenden Finanzinstrumentenanteile vom Konto des Erblassers auf die Konten der Erben, unterzeichnet von allen Erben oder ihren Bevollmächtigten. Die Anordnung ist nur von diesen Erben zu unterzeichnen, denen laut Vertrag über die freiwillige Teilung ein Anteil zusteht.
- Nachweis über den Besitz der Finanzinstrumente – Gegenstand des Nachlasses – im Original. Sofern die Erben über einen solchen Nachweis nicht verfügen, ist eine Erklärung darüber seitens der unter P. 2 genannten Personen einzureichen.
Nach der Prüfung der oben genannten Unterlagen nimmt die Registrierstelle (Abs. 2) Folgendes vor:
- Sie reicht in der ZD einen Antrag über Auskunft gem. P. 2 des Abs. 1 über die vom Erblasser besessenen Finanzinstrumente und ihre Sperrung ein;
- Sie stellt den Erben die von der ZD ausgestellten Auskunft zur Verfügung;
- Sie trägt die Erben, denen laut Vertrag über die freiwillige Teilung ein Anteil zusteht, als ihre Kunden ein und eröffnet die dazugehörigen Kundenkonten;
- Sie überweist gemäß den zwischen der Erben geschlossenen Vertrag über die freiwillige Teilung die entsprechenden Finanzinstrumentenanteile aufgrund der Anordnung gem. Abs. 1 P. 4 und Abs. 1 vom Konto des Erblassers auf die entsprechenden Konten der Erben. Für die Überweisung auf das Konto jedes Erben ist eine separate Mitteilung zu übermitteln.
Nach Zustellung der Mitteilungen über die Übertragung nimmt die ZD Folgendes vor:
- Sie eröffnet bei der Registrierstelle Kundenkonten des Erblassers und stockt die entsprechenden Konten des Erblassers von Amtswegen auf.
- Sofern der Erblasser kein Kunde der Registrierstelle ist, registriert die ZD beim Eingang des Antrags gem. Art. 2 P. 1 neben der Sperrung der Finanzinstrumente – Gegenstand des Erbes – den Erblasser als Kunde der Registrierstelle und weist ihm von Amtswegen eine Kundennummer zu.
- Sie übermittelt eine Mitteilung an das entsprechende Mitglied, bei dem sie Konten für Finanzinstrumente – Gegenstand des Erbes – geführt hat und die gemäß den Bestimmungen des P. 2 von Amtswegen übertragen worden sind.
Sollte von den Erben eine freiwillige Teilung nicht erwünscht sein, reicht die Registrierstelle eine Anordnung an die ZD zur Eintragung der Übertragung der Finanzinstrumente aufgrund eines gesetzlichen Erbrechts ein und zwar nach Vorlage eines Antrags laut Muster, dem folgende Unterlagen beizufügen sind (Art. 172a der Verordnung):
- Erbschein, bzw. ein entsprechendes ausländisches Dokument mit beglaubigter und legalisierter Übersetzung im Original oder in notariell beglaubigter Abschrift;
- Anforderung einer Auskunft über die vom Erblasser besessenen Finanzinstrumente, unterzeichnet von allen Erben oder ihren Bevollmächtigten;
- Nachweis über den Besitz der Finanzinstrumente – Gegenstand des Nachlasses – im Original. Sofern der Erbe über einen solchen Nachweis nicht verfügt, ist eine Erklärung darüber einzureichen.
- Unanfechtbare Nachweise über die Höhe des Erbteils in Verbindung mit der Eintragung der persönlich erlangten Finanzinstrumente:
a) rechtskräftige Gerichtsurkunde über die Feststellung der Erbrechte und/oder;
b) ein anderer Nachweis, auf dessen Grund die Anzahl der Finanzinstrumente, die der Erbe erben soll, festgelegt werden kann;
c) Erklärung laut Muster über die Zustimmung zur Durchführung der Eintragung gemäß Erbteil; - Anordnung über die Eröffnung eines Kontos und Übertragung der dem Erbanteil entsprechenden Anzahl an Finanzinstrumenten vom Konto des Erblassers auf das Konto des Erbens.
Die Registrierstelle kann vom Antragsteller auch weitere Angaben und Unterlagen, die für die Eintragung der Übertragung erforderlich ist, anfordern. Nach der Prüfung der Unterlagen, nimmt die Registrierstelle Folgendes vor:
- Sie reicht in der ZD einen Antrag auf Auskunft über die vom Erblasser besessenen Finanzinstrumente und ihre Sperrung;
- Sie überlässt den Erben die von der ZD ausgestellte Auskunft.
- Sie trägt den Erben als eigenen Kunde ein und eröffnet ein entsprechendes Kundenkonto bei der ZD;
- In Übereinstimmung mit den Unterlagen laut Abs. 1 beauftragt sie die Übertragung des entsprechenden Finanzinstrumentanteils aufgrund der Anordnung von Abs 1 P. 5 vom Konto des Erblassers auf das Konto des Erben.
Die Eintragung erfolgt durch Eröffnung und Eintrag der dem Erbteil entsprechenden unverbrieften Finanzinstrumente auf das Konto des Erben bei der Zentralen Wertpapierverwahrstelle.
Sofern die erbgegenständlichen Finanzinstrumente auf ein Kundenkonto eines Mitglieds der ZD, das nicht die Registrierstelle ist, die die Anordnung zur Eintragung der Übertragung eingereicht hat, verwahrt werden, setzt die ZD das entsprechende Mitglied nach Eingang des Antrags auf Ausstellung der oben genannten Auskunft über das beantragte Verfahren in Kenntnis.
Innerhalb einer Frist von fünf Werktagen nach Zustellung der Mitteilung ist das Mitglied der ZD, das die Finanzinstrumente des Erblassers verwahrt, zur Vornahme sämtlicher angemessener Prüfungen der bei ihm registrierten Daten über den Erblasser – Inhaber des Kontos der Finanzinstrumente – verpflichtet.
Die Registrierstelle, die die Anordnung zur Eintragung des Erbes eingereicht hat, übermittelt der ZD die für das Verfahren relevanten gescannten Unterlagen auf elektronischem Weg und zwar in folgenden Fällen:
- sofern sich der Wert der erbgegenständlichen Finanzinstrumente auf einen Wert von mehr als 10.000 (zehntausend) Leva beläuft;
- ein Erbverfahren für eine ausländische Person beantragt worden ist.
Die ZD übermittelt die von der Registrierstelle erhaltenen Unterlagen an das entsprechende Mitglied, das die Finanzinstrumente des Erblassers verwahrt und nimmt, sofern die entsprechenden Voraussetzungen für eine Übermittlung der Daten des Erblassers – Inhaber des Kontos der Finanzinstrumente - an die ESGRAON erfüllt sind, eine Prüfung beim Einheitlichen System des Bürgeramts und Verwaltungsservices (ESGRAON) an der Hauptdirektion "Bürgeramt und Verwaltungsservices" vor. Die an das Eintragungsverfahren beteiligten Mitglieder der ZD sind über die Prüfungsergebnisse in Kenntnis zu setzen, um entsprechende ordnungsgemäße Schritte vornehmen zu können.
II. Erben durch Testament
Für das Erben von Aktien durch Testament finden die Bestimmungen der Art. 13 – 22 EG Anwendung. Der Vermächtnisnehmer weist sich vor der AG durch das Testament aus und auf dessen Grundlage ist die Eintragung in das Aktienregister vorzunehmen. Der Vermächtnisnehmer hat auch ein Protokoll über die Testamentseröffnung zu erlangen. Damit die Aktien Gegenstand eines Testaments werden können, müssen sie folgende Bedingungen erfüllen:
- Die Aktie muss zum Zeitpunkt der Testamentseröffnung ein Teil des Vermögens des Erblassers sein. Je nach Art der Aktien und ihre Übertragungsweise liegen folgende Besonderheiten vor:
a) Verbriefte Aktien
• Inhaberaktien – ist der Erblasser ihr erster Inhaber, muss sie diesem übergeben worden sein. Die Übergabe erfolgt nach der vollständigen Leistung ihres Nenn- oder Emissionswerts;
• Namensaktie – der Erblasser muss seinen anteilmäßigen Beitrag in die Aktiengesellschaft eingezahlt haben. Der Besitz einer Namensaktie ist nachzuweisen, indem diese den Namen des Erblassers auf die erste Seite enthalten muss oder anhand der ununterbrochenen Reihenfolge der Indossamente eine unmissverständliche Schlussfolgerung darüber gezogen werden kann, dass er der Indossat ist.
b) Unverbriefte Aktien – der Erblasser hat von der ZD einen Depotschein über die von ihm besitzende/n Aktie/Aktien erhalten zu haben. - zum Zeitpunkt der Testamentseröffnung muss die Aktie dem Erblasser gehören, d.h. zum Zeitpunkt der Nachlasseröffnung muss die Aktie gemäß Art. 31 EG faktisch auf die Erbmasse angerechnet sein (der Besitz unverbriefter Aktien wird dadurch nachgewiesen, dass auf den Namen des Erblassers ein Konto für unverbriefte Aktien bei der ZD eröffnet und mit entsprechendem Guthaben vorhanden ist).
Das Eintragungsverfahren der Erbschaft durch Vermächtnis/Testament unverbriefter Aktien ist unter Art. 173 von der Verordnung über die Tätigkeit der Zentralen Depozitar AD ausführlich geregelt und lautet wie folgt – die Registrierstelle reicht an die ZD eine Anordnung über die Eintragung der Übertragung von Finanzinstrumenten aufgrund des Erbens durch Vermächtnis/Testament und zwar nach Aufforderung zur Vorlage folgender Unterlagen:
- Erbschein (im Original oder notariell beglaubigter Abschrift);
- notariell beglaubigte Abschrift des eigenhändig oder notariell verfassten Testaments, das in der laut EG erforderlichen Form und Inhalt erstellt worden ist;
- Protokoll des Notars über die Eröffnung des Testaments.
Nach der Prüfung der Unterlagen unternimmt die Registrierstelle Folgendes vor:
- Sie reicht an die ZD einen Antrag auf Auskunft und Sperrung der Finanzinstrumente – Portfolio des Erblassers;
- Nach Erlangung der Daten über das Portfolio des Erblassers setzt sie den Antrag stellenden Erben lediglich über die Höhe des Anteils in Kenntnis, der ihm an die Finanzinstrumente des Erblassers laut Vermächtnis/Testament zusteht;
- In Übereinstimmung mit dem Vermächtnis/dem Testament weist die Registrierstelle die Übertragung der entsprechenden Anteile von den vom Erblasser besessenen Finanzinstrumenten aus seinem Konto auf die Konten der Erben, die das Erbverfahren beantragt haben, an.
Die einzelnen Erben erhalten eine separate Mitteilung über die Übertragung auf ihren Konten. Bei nichtgeregelten Angelegenheiten finden die Bestimmungen zum Erben aufgrund gesetzlichen Erbrechts Anwendung.
Das Erben von Aktien durch Testament kann den Pflichtteil der gesetzlichen Erben beeinträchtigen. In diesem Fall finden die Bestimmungen zur Herstellung des Pflichtteils (Art. 30 – 37 EG) Anwendung.
Die Autorin dieser Aufsatz, Frau Irina Konstantinova arbeitet als Juristin in der Rechtsanwaltskanzlei Ruskov und Kollegen.