Mit der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäisches Parlaments und des Rates wird ein Europäisches Mahnverfahren eingeführt. Das Verfahren soll privaten und juristischen Personen eine Möglichkeit an die Hand geben, ihre unbestrittenen Geldforderungen schnell und unkompliziert durchzusetzen. Nach erfolgreicher Durchführung des Mahnverfahrens tritt ein Europäischer Zahlungsbefehl in Kraft, der in allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks anerkannt und vollstreckt wird, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf. Dadurch werden die Verfahrenskosten, die mit dem traditionellen Exequaturverfahren verbunden waren, reduziert und die Verfahrensdauer verkürzt.
Welche Forderungen können mittels des Europäischen Mahnverfahrens beigetrieben werden?
Das Verfahren kann bei zivil- und handelsrechtlichen Geldforderungen eingeleitet werden, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als der Forderungsinhaber hat. Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte ("acta jure imperii") sind von dem Regelungsumfang der Verordnung ausgenommen.
Wie kann ein Europäisches Mahnverfahren in die Wege geleitet werden?
Der Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls wird durch ein standardisiertes Formblatt gestellt, der alle gemäß Art. 7 vorgeschriebenen Angaben enthalten muss. Wenn sich der Anspruchsgegner in Zahlungsrückstand befindet, können mit dem Antrag neben der Hauptforderung etwaige Zinsen und vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht werden. Die Einreichung des Antrags erfolgt in Papierform oder durch andere — auch elektronische — Kommunikationsmittel, die im Ursprungsmitgliedstaat zulässig sind und dem Ursprungsgericht zur Verfügung stehen. Das zuständige Gericht überprüft, ob der Antrag den formellen und inhaltlichen Anforderungen genügt und gibt dem Antragsteller unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, den Antrag zu verfollständigen, falls erforderliche Angaben fehlen oder unvollständig sind. Wenn alle formellen Voraussetzungen erfüllt sind und die Forderung nicht offensichtlich unbegründet erscheint, erlässt das Gericht in der Regel innerhalb von 30 Tagen nach Einreichung des entsprechenden Antrags einen Europäischen Zahlungsbefehl. Anderenfalls wird der Antrag zurückgewiesen und der Antragsteller kann gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel einlegen.
Was ist ein Europäischer Zahlungsbefehl?
Der Europäische Zahlungsbefehl kann dem Antragsgegner oder einer vertretungsberechtigten Person mit oder ohne Empfangsbestätigung sowie postalisch oder elektronisch zugestellt werden. Mit dem Europäischen Zahlungsbefehl wird der Antragsgegner darüber unterrichtet, dass:
- er den aufgeführten Betrag an den Antragsteller zahlen kann, oder
- gegen den Europäischen Zahlungsbefehl innerhalb von 30 Tagen ab dem Zeitpunkt der Zustellung Einspruch einlegen kann.
Legt der Anspruchsgegner Einspruch ein, wird das Verfahren vor den zuständigen Gerichten des Ursprungsmitgliedstaats gemäß den Regeln eines ordentlichen Zivilprozesses weitergeführt. Der Antragssteller kann die Beendigung des Verfahrens für den Fall eines Einspruchs ausdrücklich beantragen. Nach Ablauf der Einspruchsfrist kann der Antragsgegner nur in ausdrücklich genannten Fällen bei dem zuständigen Gericht des Ursprungsstaates eine Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls beantragen. Wird gegen den Europäischen Zahlungsbefehl kein fristgerechter Einspruch eingelegt, wird er von dem Gericht unter Verwendung eines standardisierten Formblattes unverzüglich für vollstreckbar erklärt. Seitens des Gerichts wird dem Antragsteller ein vollstreckbarer Europäischer Zahlungsbefehl übersendet, mit dem er die Zwangsvollstreckung in dem anderen Mitgliedstaat, in dem sich der Schuldner befindet, betreiben kann.
Wie wird der Europäische Mahnbescheid in Bulgarien vollstreckt?
In Bulgarien wird der Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls an das örtlich zuständige Amtsgericht, also an das Gericht, welches sich am Sitz des Schuldners befindet, oder an seinem Sitz oder im Gebiet der Zwangsvollstreckung, eingereicht. Dasselbe gilt für den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides aufgrund eines Europäischen Zahlungsbefehls. Das Amtsgericht erlässt den Vollstreckungsbescheid gegen eine Gerichtsgebühr von BGN 50,00.