Da diese Entscheidung schon seit Beginn 2011 inoffiziell bekannt gewesen ist, werden in den nächsten 12 Monaten nur die kleinsten Projekte, die einen endgültigen Vertrag bis Juli 2012 abgeschlossen haben, die Möglichkeit bekommen, an das Strometz anzuschließen. Der Grund für die Entscheidung liegt auf der Hand – in den letzten Monaten wurden PV-Projekte massenweise in Betrieb genommen. Bis 29.05.2012 wurden Netzanschlussverträge für PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 264,60 MW abgeschlossen. Inzwischen sind weitere PV-Anlagen für ca. 350 MW angeschlossen oder warten auf ihren Netzanschluss. Damit hat Bulgarien die bis zu 2020 bezweckten Solaranlagen noch im Jahr 2012 erreicht. Bis 2020 sollten maximal 1800 MW Windenergieanagen und 600 MW PV-Anlagen aufgebaut werden, so dass 16 % des Brutto Energieverbrauches (nicht nur Strom) aus erneuerbaren Energiequellen kommen. Wie kam es dazu? Im Jahr 2008 wurden Betreiber von Erneuerbare-Energie-Anlagen hohe Präferenzen erteilt – zu dieser Zeit wurde die Einspeisevergütung auf BGN 782/718 MWh (je nach Leistung) erhöht, wobei der Vertragslaufzeit auf 25 Jahre verdoppelt wurde. Im Jahr 2009 wurde der Preis auf BGN 823/755 MWh noch einmal erhöht. Laut des damals gültigen Erneuerbaren Energie Gesetzes konnten aber die Tarife verändert werden. Im Jahr 2008 haben die von NEK abgeschlossenen Vorverträge für PV- und Windprojekte eine Gesamtleistung von 1112 MW erreicht. Im nächsten Jahr sprangen sie auf 1 700 MW. Gebaut wurden aber nur 340 MW, die weitaus meisten davon Windanlagen. Es sind keine rechtlichen Verstöße in den unterzeichnenden Verträgen zu finden. Politisch betrachtet sind die Vorverträge auch in Ordnung, denn die offizielle Staatspolitik zu dieser Zeit steuerte den Netzanschluss immer größerer Projekte durch die NEK. Ende 2010 legte die NEG offen, dass sie keine weiteren Vorverträge abschließen wird. Daneben fing die SKEWR an, immer höhere Anforderungen für die Lizenzvergabe der neuen Projekte zu stellen. Anfang 2011 erreichten die Vorverträge eine Gesamtleistung von ca. 6 000 MW. Erst dann setzte das Parlament einer Reihe von Beschränkungen ein. Das neue Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), welches am 03.05.2011 in Kraft getreten ist, sah vor, dass die Investoren Garantien für ihre Projekte einzuzahlen haben und Beweise für die Eigentumsübergang am Grundstück vorlegen, sowie eine Kopie des Bebauungsplanes beilegen müssen. Es wurde die Praxis abgeschafft, bei der die Investoren größere Projekte etappenweise anschließen, damit sie entsprechend dem früheren Tarif bezahlt werden. Die Bestimmung der Höhe der Einspeisevergütung erfolgte erst mit Baufertigstellung der Anlage. Dafür wurde der Tarif festgebunden, die SKEWR hat nach dem neuen Gesetz nicht mehr das Recht die Preise um 5 % jährlich zu ändern. Als langfristige Beschränkung wurde die Begrenzung für neu anzuschließende Kapazitäten eingeführt (in Kraft seit dem 01.06.2012). Seinerseits hat die SKEWR die Einspeisevergütung für Photovoltaik bis auf 485 MWh/BGN stark reduziert. Dennoch begann im September 2011 ein beschleunigter Bau von PV-Anlagen – nur ein paar Monate nachdem die gesetzlichen Änderungen in Kraft getreten sind. Es stellte sich heraus, dass Investoren und Projektersteller Garantien für EE-Projekte mit einer gesamten Leistung von ca. 4.300 MW schon eingezahlt haben. Die Gründe dafür sind folgende: Anstatt Ordnung und Sicherheit zu schaffen, wurden die Gesetzänderungen als Signal für die Einfrierung des EE-Sektors gedeutet. Seit dieser Woche werden offiziell keine neuen Projektanträge für das kommende eine Jahr mehr angenommen und die Vorverträge seit dem letzten laufen jetzt ab. Dies hat aber dazu geführt, dass alle Anlagenbetreiber, die die notwendigen Lizenzen schon hatten, ihre Projekte schnell bauen oder verkaufen wollten. Die Gesetzänderung im Jahr 2011 hat die Solaranlagen wesentlich vorteilhafter und attraktiver als die Windanlagen gemacht. Die Bestimmung der Einspeisevergütung zum Zeitpunkt der Bauabnahme machte es schwierig, eine angemessene Finanzierung für Windenergie-Projekte zu finden, da sich die Bereitschaft der Banken Kredite zu geben durch die Unsicherheit der Höhe der Vergütung reduziert hat. Auf der anderen Seite stehen die PV-Projekte, die binnen 2 Monaten gebaut werden können und schnell in Betrieb genommen werden können, wobei die Einspeisevergütung für die Dauer des Abnahmevertrags keiner Änderung (Art. 32, Abs. 3 EEG) unterliegt. Laut des bulgarischen Windenergieverbandes hat der Grund für den Boom einen komplexen Charakter, die gesetzliche Politik sei nur ein Teil davon. Drei andere Prozesse sind noch im Spiel. Der Rückgang des Erneuerbaren-Energie-Marktes in Europa lenkte die Aufmerksamkeit der Investoren nach Bulgarien. Da die Windprojekte blockiert waren, richteten sie sich hauptsächlich nach dem PV-Sektor. Weiterhin führte die Krise auf dem Immobilienmarkt in Bulgarien dazu, dass viele Bauinvestoren sich in „grüne Investoren“ umwandelten. Und letztendlich, auch dank des Überangebotes an Komponenten, der auf den weltweiten Rückgang der Nachfrage zurückzuführen ist, fielen die Preise der PV-Modulen um das Doppelte. Was lief falsch? Die zwei größten Fehler waren der Mangel an niedrigeren Preisen für größere Projekte und der Mangel an einem vorzugsweisen Vorgehen zugunsten der effektivsten Projekte. Der erste machte möglich, dass nur ein paar riesige Projekte für 50, 60 und sogar 80 MW die Quoten für grüne Energie bei höheren Preisen erfüllt haben. Der bulgarische Photovoltaikverband schlug vor, dass mehrere Tarif-Stufen geschafft werden, damit die größeren Projekte eine wesentlich kleinere Einspeisevergütung erhalten. Eine weitere Möglichkeit sei, dass nachdem die angezielten Quoten erreicht werden, die Tarife automatisch fallen (vgl. das deutsche Model). Ein anderer Vorschlag war der, Handelsrechte für den Bau von EE-Anlagen zu etablieren. So zum Beispiel sollte, falls im Jahr 2012 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 150 MW gebaut werden sollen, das Recht darauf derjenige gewinnen können, der die günstigsten Bedingungen zum Netzanschluss und die niedrigsten Baugenehmigungspreisen anbieten kann. Diese Vorgehensweise würde die Spekulanten automatisch aus dem Spiel rausnehmen und die Einspeisevergütung wird sich stark reduzieren. Leider verlangt die Umsetzung dieser Modelle ein administrativer Kapazität, den Bulgarien zurzeit nicht anbieten kann. Es kann daher der Schluss gezogen werden, dass in Bulgarien der Markt für Photovoltaik und Windenergie nur sehr schwer weiter existieren wird. Lediglich für Energie, die aus Biomasse hergestellt wird, bestehen noch Entwicklungsmöglichkeiten.

Konstantin Ruskov
Rechtsanwalt
Herr Rechtsanwalt Konstantin Ruskov ist der Gründer und geschäftsführender Partner der Anwaltskanzlei Ruskov und Kollegen und ist spezialisiert auf das Recht von Bulgarien, Deutschland und der EU.
E-Mail: office@ruskov-law.eu
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Das Ende der Erneuerbaren Energien in Bulgarien
Von: Rechtsanwalt Konstantin RuskovDas vorläufige Ende der Erneuerbaren Energien in Bulgarien ist eingetreten. Am 28.06.2012 hat die Staatliche Kommission für Energie- und Wasserregulierung (SKEWR) festgelegt, dass bis zum 01. Juli 2013 keine neuen Netzanschlussverträge hinsichtlich Erneuerbare-Energie-Projekte abgeschlossen werden.