Mit der Veröffentlichung im Gesetzblatt, Ausgabe 20 von 28. Februar 2013, wurden in Bulgarien wichtige Änderungen des Handelsgesetzes angesichts des Einleitens der Erfordernissen der Richtlinie 2011/7/ЕU vom 16. Februar 2011 in Bezug auf den Kampf mit der verspäteten handelsgeschäftlichen Zahlungen aufgenommen. Die Änderungen sind am 04.03.2013 in Kraft getreten und betreffen nur solche Rechtsgeschäfte, bei denen beiden Parteien Kaufmänner sind und die nach 15. März 2013 abgeschlossen worden sind. Die zweite Gruppe von wichtigen Änderungen ist im Bereich der Insolvenz und betrifft die Zahlungsunfähigkeit, die Überschuldung, die Nichtigkeit von Handelsgeschäften und die Anfechtungsgrundlagen in dem Insolvenzverfahren. Laut der Übergangsbestimmungen des Handelsgesetzes werden diese Regeln auch bei schon begonnenen Insolvenzverfahren angewendet.
Zahlungen аuf Grundlage von Handelsgeschäften – Fristen
Der neue Art. 303a des Handelsgesetzes legt die allgemeine Regel fest, dass die Frist für die Erfüllung einer Geldschuld zwischen den Vertragsparteien nicht mehr als 60 Tagen betragen darf. Ausnahmsweise kann eine längste Frist vereinbart werden, wenn das aufgrund der Wareneigenschaften oder der Art der Dienstleistung erforderlich ist, oder wenn das keinen offenen Missbrauch mit der Interesse des Gläubigers und keine Sittenwidrigkeit darstellt. Wenn eine von den Parteien öffentlicher Auftraggeber ist, darf die Frist bis 30 Tage betragen, jedoch nicht mehr als auf 60 Tage verlängert werden- beim gegenseitigen Einvernehmen der Parteien. Wenn es keine ausdrückliche Vereinbarung der Erfüllungsfristen gibt, muss die Zahlung der Geldschuld im Rahmen von 14 Tagen ab dem Rechnungsempfang, ab der Ladung zur Zahlung oder spätestens 14 Tage nach dem Empfang der Ware oder Dienstleistung (Art. 303a, Abs. 4 Handelsgesetz). Diese Regelungen gelten auch für die Geschäfte mit natürlichen Personen, die eine handwerkliche Tätigkeit ausüben oder Dienstleistungen mit persönlicher Tätigkeit anbieten (Freiberufler). Außerhalb des Anwendungsbereichs des Gesetzes in diesem Teil bleiben die Geldzahlungen аuf Grundlage von Schuldscheine, Schulden in einem laufenden Insolvenzverfahren und der Schadenersatz, einschließlich Versicherungsentschädigung (Art. 303a, Abs. 5 Handelsgesetz). Desweiteren sieht das Handelsgesetz neue Rechtsfolgen bei der Verletzung der gesetzlichen oder zwischen den Parteien vereinbarten Zahlungsfrist vor. Sie sind im Art. 309a des Handelsgesetzes geregelt. Demnach hat der Gläubiger das Recht auf einen Ersatz in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes ab dem Tag des Verzuges, als auch auf einen Ersatz für die Kosten für die Beitreibung der Forderung, die nicht weniger als 80 BGN betragen darf und auch ohne Zahlungsanmahnung geschuldet wird. Damit der Gläubiger sich auf sein Recht berufen kann, muss er seine Verpflichtungen erfüllt haben. Weiterhin sieht das Gesetz eine Möglichkeit für die Beschränkung der Haftung des Schuldners vor, aber nur bei Einhaltung der guten Sitten und unter der Bedingung, dass die Interessen des Gläubigers nicht offensichtlich beeinträchtigt werden. Liegt das nicht vor, so ist die Vereinbarung nichtig und entfaltet keine Rechtsfolgen zwischen den Parteien.
Insolvenz
Die erste wesentliche Änderung im Bereich der Insolvenz ist die Legaldefinition und der Umfang der Insolvenzgrundlagen, die im Art. 308 des Handelsgesetzes vorgesehen sind. In dem Umfang der Insolvenz bleiben die ausstehenden staatlichen und kommunalen Forderungen, die mit der Handelstätigkeit des Kaufmannes verbunden sind, trotz der kritisch ablehnenden Meinung eines Teils der Rechtsprechung. Laut Gesetzestext wird ein Kaufmann für zahlungsunfähig gehalten, wenn seine fälligen Geldschulden аuf Grundlage von Handelsgeschäften, als auch Verpflichtungen für Rückzahlungen auf Grundlage von nichtigen, anfechtbaren, aufgelösten oder aufgekündigten Geschäften nicht erfüllen kann. Vor den Änderungen konnte die Verpflichtung für die Rückzahlung auf Grundlage von nichtigen Rechtsgeschäften ohne weiteres - ex lege (kraft Gesetzes) geltend gemacht werden und es ist nicht erforderlich ein zusätzliches Gerichtsverfahren für die Erklärung der Nichtigkeit des Geschäftes zu führen. Jetzt, gemäß dem Verfahren, das im Art. 649 in Verbindung mit dem Art. 646 Handelsgesetz vorgesehen ist, kann jeder Gläubiger im Insolvenzverfahren binnen eines Jahres nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Anfechtungsklage gemäß Art. 645, 646 und 647 des Handelsgesetzes einleiten, wenn der Insolvenzverwalter dies unterlassen hat, damit die Insolvenzmasse aufgefüllt wird. Die nächste Änderung betrifft die Arten der anfechtbaren Zahlungen seitens des Schuldners - Art. 646 Handelsgesetz. Die folgende Handlungen und Rechtsgeschäfte, die von dem Schuldner nach Beginn der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung und vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens getätigt worden sind, können den Gläubigern gegenüber für anfechtbar erklärt werden:
- Erfüllung einer nicht fälligen Geldverpflichtung, unabhängig von der erfüllungsweise, die innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Entstehung der Verpflichtung getätigt ist;
- die Bestellung einer Hypothek oder einem Pfandrecht binnen einem Jahr als Sicherheit für eine bis dahin ungesicherte Verpflichtung des Schuldners;
- die Erfüllung einer fälligen Geldverpflichtung des Schuldners, unabhängig von der Erfüllungsweise, die in einer Frist von sechs Monaten getätigt worden ist. Diese Fristen werden verlängert, wenn festgestellt wird, dass der Gläubiger über die Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung Kenntnis gehabt hat.
Diese Kenntnis wird gesetzlich vermutet, wenn bewiesen werden kann, dass Gläubiger und Schuldner nahestehende Personen sind oder dass der Gläubiger in der Lage gewesen ist, über die finanzielle Situation des Schuldners zu erfahren. Falls die Zahlungen in Rahmen der üblichen Tätigkeit des Schuldners als Kaufmann getätigt worden sind, und
- gleichzeitig mit der Verfügungstellung der Ware/Dienstleistung getätigt werden, oder
- binnen 30 Tage von der Fälligkeit der Verpflichtung, können diese nicht angefochten werden.
Problematisch ist gerade diese letzte Festlegung, die weder der Interessen der Gläubigern der Insolvenzmasse noch der Rechtsprechung in den anderen EU-Ländern entspricht. Das Anfechtungsverbot hinsichtlich Zahlungen, die bis 30 Tage nach ihrer Fälligkeit getätigt werden, implementiert inkorrekt die Idee für den Schutz der oft im Geschäftsverkehr verwendeten kurzfristigen Krediten in Form von Aufschieben der Zahlungen nach der Zurverfügungstellung der entsprechenden Waren oder Dienstleistungen. Um diesen Schutz zu gewährleisten müssten die Zahlungen in einer 30-tägigen Frist von der Lieferung der Ware und nicht ab der Fälligkeit der Verpflichtung beginnen. Einerseits kann die ursprüngliche Fälligkeit der Verpflichtung lange Zeit nach der Erbringung der Gegenleistung eintreten, und andererseits, können die Parteien sie durch eine Vereinbarung willkürlich zeitlich verschieben. Auf diese Weise erreicht man ohne weitere Schwierigkeiten den Umweg des Gesetzes und Vermeidung der Schutzmaßnahmen in dem Insolvenzverfahren.