Uns erreichen regelmäßig Anfragen von potentiellen Mandanten, die betrogen worden sind, meist von Kriminelle aus Bulgarien, während sich die Betroffenen in Deutschland, Österreich oder in der Schweiz befinden. Die Vorgehensweisen der Betrüger unterscheiden sich erheblich, und die finanziellen Verluste reichen von wenigen Tausend bis zu mehreren Hunderttausend Euro pro Fall.
Aus aktuellem Anlass – wiedermal ein Betrugsfall – haben wir beschlossen in diesem Artikel einige gängige Betrugshandlungen zu beschreiben, Ihnen zu erklären wie Sie sich dagegen schützen können und zu erläutern welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, um den entstandenen Schaden zumindest teilweise auszugleichen.
Warum zahlreiche Betrugsfälle ihren Ursprung in Bulgarien haben?
Mehrere Faktoren begünstigen, dass betrügerische Aktivitäten von Bulgarien aus durchgeführt werden können. Bulgarien ist Mitglied der Europäischen Union und unterliegt damit der Kapitalverkehrsfreiheit. Finanztransaktionen können ohne besondere Einschränkungen und Verzögerungen erfolgen, sodass unrechtmäßig erlangte Geldbeträge häufig bereits überwiesen worden sind, bevor der Schaden festgestellt wird.
Zudem ist die Gründung einer Kapitalgesellschaft in Bulgarien mit minimalem Stammkapital recht einfach. Diese Möglichkeit wird teilweise missbraucht, indem Dritte formell als Gesellschafter eingesetzt werden, über deren Konten die erlangten Gelder weitergeleitet werden.
Ein weiteres Problem besteht in der unzureichenden Effizienz der Strafverfolgungsbehörden. Ermittlungsverfahren verlaufen oftmals verzögert, und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden ist nicht immer optimal organisiert. Dies erschwert die zeitnahe Aufklärung von Betrugsdelikten und die Rückführung der Vermögenswerte. Aus diesem Grund raten wir Mandanten immer wieder es gar nicht mit einer Strafanzeige in Bulgarien zu versuchen. Auf jeden Fall jedoch in Deutschland, denn die Polizei und Staatsanwaltschaft in Deutschland handeln viel, viel professioneller.
Nachfolgend werden einige häufig auftretende Betrugsmethoden aufgeführt, vor denen Sie sich schützen sollten:
I. Die Hacker
Es handelt sich hier um ein Fall von Cyberkriminalität, die Täter sind organisiert und sollen laut Medienberichten aus den ehemaligen Sowjetrepubliken stammen. Dabei hacken sie sich in den E-Mailsystemen von kleineren Unternehmen mit entsprechend schwachen Schutzmechanismen in europäischen Ländern ein und verfolgen still den E-Mailverkehr. Dann schicken sie an diese Unternehmen per E-Mail aus einer E-Mail-Adresse, die täuschend echt wie die eines realen Geschäftspartners aussieht, eine Rechnung – die wie eine übliche Rechnung des Geschäftspartners aussieht, aber mit geänderten Kontodaten. Kontoinhaber ist dann eine bulgarische Gesellschaft. Die ahnungslosen Angestellten des Opferunternehmens überweisen dann auf dieses Konto in Bulgarien den geforderten Geldbetrag. Betroffene verlieren häufig erhebliche Geldbeträge, weil sie zu spät reagieren oder Überweisungen tätigen, ohne den Zahlungsempfänger zusätzlich zu überprüfen.
WIe können Sie sich dagegen schützen? Zahlungen sollten nicht auf Grundlage ungeprüfter Rechnungen, E-Mails oder Bankdaten erfolgen – insbesondere dann, wenn sich der Empfänger im Ausland befindet. Bereits beim geringsten Verdacht auf Betrug sollte unverzüglich rechtlicher Beistand eingeholt und sowohl die Bank als auch die zuständigen Behörden informiert werden, da jede Minute Verzögerung die Chance verringert, die Konten zu sperren und die bezahlten Summen zurückzuerhalten. Da in der Regel unmittelbar nach der fehlerhaften Überweisung die Bankkonten unverzüglich entleert werden, ist die Rückerstattung von Geldern meist nur eine Frage des Glücks – und nur dann möglich, wenn sofortige Schritte, die Vorlage entsprechender Unterlagen und das Einhalten des folgenden Verfahrens erfolgen.
In solchen Fällen raten wir stets zu einem möglichst schnellen Vorgehen im Rahmen eines sogenannten Sicherungsverfahrens. Dabei handelt es sich um ein gerichtliches Verfahren auf Grundlage schriftlicher Unterlagen, in dem das Gericht zügig einen Beschluss erlässt, mit dem Bankkonten gepfändet oder gesperrt werden können. Diese Maßnahme ist in der Regel die effektivste Möglichkeit, um noch vorhandene Gelder zu sichern.
Weder die Geschädigten noch ihre Rechtsvertreter können bedaulicherweise Informationen über Bankkonten im Voraus erhalten, da Banken solche Auskünfte ohne gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Anordnung nicht erteilen. Unsere Erfahrung zeigt zudem, dass Banken in Bulgarien auf bloße Betrugsmeldungen von Privatpersonen in der Regel nicht reagieren und sich häufig auf das Bankgeheimnis berufen.
Aus diesem Grund ist es entscheidend, frühzeitig gerichtliche Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um festzustellen, ob das Geld noch vorhanden ist. Sollte sich herausstellen, dass die Konten bereits geleert wurden, lassen sich so unnötige Kosten für weitere Schritte vermeiden.
Parallel kann selbstverständlich auch die Polizei informiert werden, doch die Bearbeitung solcher Anzeigen dauert erfahrungsgemäß oft mehrere Tage oder Wochen – Zeit, in der die Betrüger die Gelder meist bereits verschoben haben.
Zur Prävention solcher Fälle empfehlen wir, die E-Mail-Systeme mit sicheren Passwörtern zu schützen, aktuelle Antivirenprogramme zu verwenden und Mitarbeitende regelmäßig darin zu schulen, gefälschte Rechnungen oder betrügerische Nachrichten zu erkennen.
I. Abzocke
In diesen Betrugsfällen handelt es sich häufig um Täter aus Bulgarien oder der Türkei mit guten Deutschkenntnissen, die aus Call-Centern in diesen Ländern operieren. Sie kontaktieren in der Regel ältere Personen in Deutschland telefonisch, täuschen Notlagen oder behördliche Angelegenheiten vor und bewegen die Opfer dazu, Geldbeträge auf Konten bulgarischer Gesellschaften zu überweisen. Diese Gelder werden anschließend abgehoben oder auf andere Konten weitergeleitet. Die Schadenssummen reichen dabei von einigen Hundert bis zu mehreren Zehntausend Euro.
Zur Vermeidung solcher Fälle gilt: Überweisen Sie niemals Geld an Personen, die Sie lediglich telefonisch kontaktiert haben. Gibt sich jemand am Telefon als Polizeibeamter oder Staatsanwalt aus und fordert Geld, um ein angebliches Verfahren zu klären, gehen Sie nicht darauf ein. Wenden Sie sich in solchen Fällen umgehend an die örtliche Polizei in Deutschland. Manche Betrüger sind inzwischen sehr erfinderisch geworden und bereiten gefälschte Unterlagen vor, die auf den ersten Blick – versehen mit Unterschriften und Stempeln – durchaus glaubwürdig erscheinen können.
Wenn Sie jemand davon zu überzeugen versucht, dass er von der Polizei ist und Sie ihm Geld übergeben oder überweisen sollen, verlangen Sie unbedingt eine offizielle Anordnung der Polizei oder vergewissern Sie sich zumindest, dass das angegebene Bankkonto auf der offiziellen Website einer Institution – beispielsweise der örtlichen Polizeidienststelle – zu finden ist.
Doch selbst das ist höchst unwahrscheinlich. Seien Sie stets wachsam und bleiben Sie misstrauisch.
III. Falsche Investments
In diesen Fällen geben sich die Täter als Börsenmakler oder Investmentberater aus und versprechen hohe Renditen bei Geldanlagen. Nach einer ersten Überweisung auf ein Konto einer bulgarischen Gesellschaft wird für die Opfer ein vermeintliches „Kundenkonto“ eingerichtet, über das sie über eine professionell wirkende Online-Plattform den angeblichen Gewinnzuwachs verfolgen können. Ziel ist es, weiteres Kapital zu erlangen.
Sobald die „Investoren“ versuchen, Auszahlungen zu verlangen, folgen Ausreden – etwa angebliche Gebühren, Sperrfristen oder fehlende Liquidität. Danach bricht der Kontakt meist vollständig ab. Tatsächlich existieren die versprochenen Investments nicht, und das Geld ist verloren.
Wer eine Anlage bei einer bulgarischen Gesellschaft in Betracht zieht, sollte diese unbedingt vorab prüfen – insbesondere deren Firmengeschichte, Kapitalstruktur, Personalstärke und vor allem das Vorhandensein einer Lizenz der bulgarischen Finanzaufsicht. Fehlt eine solche Lizenz, sollte jeder Kontakt sofort beendet werden. Nach erfolgter Überweisung ist das Geld in der Regel unwiederbringlich verloren.
Oftmals können Anwälte aufgrund fehlender Unterlagen, unzureichender Informationen und geringer Erfolgsaussichten keine Empfehlung für gerichtliche Schritte geben. Eine individuelle Einschätzung kann jedoch ein Anwalt für jeden konkreten Fall nach Prüfung der Unterlagen vornehmen.
IV. Immobilienmakler
Viele Deutsche, die in Bulgarien Immobilien kaufen möchten, fallen wegen mangelnder Kenntnis des bulgarischen Rechts auf Betrüger herein. Dabei inserieren angebliche Makler günstige Immobilien online, legen gefälschte Unterlagen und Maklerverträge vor und verlangen Provision, bevor das Opfer Eigentümer wird. Oft verschwindet der Makler oder die Immobilie ist plötzlich nicht mehr verfügbar.
Vertrauen Sie keinen leeren Versprechungen über Ihr zukünftiges Traumhaus, wenn Sie nicht einmal einen Eigentumsnachweis gesehen haben. In unserer Praxis beginnen die Betrugsfälle oft damit, dass eine Person, die nicht Eigentümer der Immobilie ist, mit Ihnen einen Vorvertrag abschließt und Geld verlangt.
Wie Sie aus unseren mehreren Artikeln bzgl. Immobilienkauf in Bulgarien wissen, ist es gesetzlich nicht verboten, einen Vorvertrag mit einem Nichteigentümer abzuschließen. Aber Ihnen sollten unbedingt Unterlagen vorgelegt werden, aus denen klar hervorgeht, dass der tatsächliche Eigentümer auch wirklich beabsichtigt, auf seinem Grundstück zu bauen und anschließend das Objekt zu übertragen.
Dies bedarf einer sorgfältigen anwaltlichen Prüfung – es kann sich etwa um ein gesetzlich korrekt eingeräumtes Baurecht handeln, oder es können z. B. zwei Baufirmen interne Vereinbarungen in Vertragsform präsentieren. Auch wenn es auf den ersten Blick harmlos wirkt, ist das oft nicht weniger riskant als die oben beschriebenen Fälle.
Hier gibt es so viele unterschiedliche Optionen, dass sich das empfohlene Vorgehen stets nach dem konkreten Einzelfall richtet
V. Miethaie
Viele Ausländer in Bulgarien mieten Wohnungen, darunter Studierende oder Call-Center-Mitarbeiter, und stoßen dabei manchmal auf betrügerische Vermieter. Typische Situation hier ist: Der Vermieter besteht auf Barzahlungen statt Banküberweisung, damit er die Steuern darauf hinterziehen kann. Und wenn der Mieter auszieht, wird er auf Zahlung der Miete verklagt, weil er nicht die Mietzahlung nachweisen kann. s
Einige wichtige Empfehlungen: Ein schriftlicher Mietvertrag ist unbedingt erforderlich. Miete und Nebenkosten sollten stets per Banküberweisung bezahlt werden, um einen Zahlungsnachweis zu haben. Ist eine Barzahlung unvermeidlich, sollten unbedingt Quittungen verlangt werden. Übergabeprotokolle dürfen nur unterschrieben werden, wenn der Zustand der Wohnung verstanden und akzeptiert wird. Bei Problemen oder Unstimmigkeiten sollte sofort rechtlicher Beistand kontaktiert werden.
VI. Ware bestellt, nicht bezahlt
Bei dieser Betrungshandlung werden in Bulgarien Gesellschaften mit minimalem Kapital gegründet, um gezielt Warenbetrug zu begehen. Dabei bestellen die Betrüger zunächst bei Händlern in Deutschland kleinere Mengen Ware und zahlen diese im Voraus, um Vertrauen aufzubauen. Sobald der deutsche Händler sich sicher fühlt, folgt eine große Bestellung. Bei der Abholung der Ware wird dem Opfer ein gefälschter Überweisungsbeleg vorgelegt, das Geld soll angeblich bald eintreffen, doch tatsächlich kommt es nie an. Die Ware verschwindet, und der Kontakt zum vermeintlich seriösen Geschäftspartner bricht ab.
Um sich davor zu schützen, sollten Unternehmen ihren Vertragspartner in Bulgarien sorgfältig prüfen. Wichtige Aspekte sind das Stammkapital, die Anzahl der Mitarbeiter und die Umsatzhistorie. Eine zusätzliche Bonitätsprüfung, zum Beispiel über die Creditreform in Bulgarien, kann weitere Sicherheit bieten. Die Ware sollte erst dann freigegeben werden, wenn der Kaufpreis tatsächlich auf dem eigenen Konto eingegangen ist, und nicht auf Grundlage von Zusicherungen oder gefälschten Belegen. Nur so lässt sich das Risiko eines Verlusts minimieren
VII. Die Venusfalle
Das zentrale Thema hier ist mehr persönlich als rechtlich, nähmlich die Ausnutzung von Einsamkeit und dem Bedürfnis nach emotionaler Nähe. Die Opfer sind meist ältere, alleinstehende Männer, die sich Zuwendung und Verbundenheit wünschen. Betrügerinnen – teilweise über Chats, teilweise über das Rotlichtmilieu – bauen über längere Zeit ein Vertrauensverhältnis auf, tauschen Nachrichten und Fotos aus und erzeugen eine emotionale Bindung. Sobald dieses Vertrauen gefestigt ist, beginnen die Geldforderungen. Typische Ausreden sind angebliche Schulden, kranke Verwandte oder notwendige Renovierungen, die sofort finanziert werden müssen.
Die Beträge reichen von kleineren Summen bis zu mehreren hunderttausend Euro, je nach Situation und psychologischem Druck auf das Opfer. In den Chat-Fällen sind die Summen meist geringer, in den Fällen über Prostituierte deutlich höher. Oft werden gefälschte Dokumente vorgelegt, um die Geschichten glaubhaft zu machen, und die Täter hinterlassen kaum Spuren, sodass eine rechtliche Verfolgung schwierig ist.
Die zentrale Präventionsmaßnahme lautet: Kein Geld an Personen überweisen, die man nicht persönlich kennt. Falls man sich nicht vollständig von der emotionalen Bindung lösen kann, sollten Kopien von Ausweisen verlangt, Darlehensverträge aufgesetzt und Zahlungen nur per Bank auf Konten der jeweiligen Person getätigt werden. Keine Bargeldübergaben, keine Western-Union-Zahlungen. Nur so lassen sich im Ernstfall wenigstens Teile der Gelder zurückholen.
Das Problem in solchen Fällen besteht oft darin, dass aufgrund der engen Beziehungen, die sich zwischen den Parteien entwickelt haben, häufig keine rechtlich verwertbaren Beweismittel vorliegen. Wie bereits erwähnt, ist es in solchen Situationen am vernünftigsten, ein Sicherungsverfahren einzuleiten.
Eine der Besonderheiten dieses Verfahrens ist das Erfordernis von überzeugenden schriftlichen Beweisen. Manche unserer Mandanten glauben, dass eine Chat-Korrespondenz oder ein paar Fotos ausreichen würden, um ihre Ansprüche zu belegen. Das ist jedoch keineswegs der Fall.
Eine Überweisung über Revolut auf ein Konto unter einem Vor- und Nachnamen reicht nicht aus, um ein Verfahren einzuleiten, wenn Sie nicht im Besitz einer Ausweiskopie der Person sind, da wir die drei Namen und PKZ für die Ausfertigung des Antrags benötigen.
Sehr häufig verteidigen sich Betrüger im Gerichtsverfahren auch mit dem Einwand, dass keine Vereinbarung über eine Rückzahlung bestanden habe und es sich um eine Schenkung gehandelt habe.
Dies ist ein äußerst entscheidender Punkt im gerichtlichen Verfahren, und jeder einzelne Umstand in der Beziehung zwischen den Parteien kann von Bedeutung sein. Lassen Sie keinen Zweifel daran, dass Sie die Gelder gegen Rückzahlungsverpflichtung zur Verfügung gestellt haben. Andernfalls kann selbst die geringe Chance, rechtlich gegen die andere Partei vorzugehen, vor Gericht nicht genutzt werden.
Selbst wenn Sie alle unsere Ratschläge befolgt haben und das Geld per Banküberweisung nach Abschluss eines Darlehensvertrags und Vorlage überzeugender Unterlagen überwiesen haben – kommt es nicht selten vor, dass wenige Tage nach der Überweisung das Konto leergeräumt und anschließend geschlossen wird.
Wenn Sie diesen Artikel jedoch zu spät gesehen haben und gerade feststellen, dass Sie möglicherweise Opfer eines Betrugs geworden sind, wenden Sie sich umgehend an einen Anwalt. Sortieren Sie alle relevanten Fakten und Ihre gesamte Korrespondenz sorgfältig. Überlegen Sie genau, wer Zeuge des Geschehens gewesen sein könnte. Denn wenn es noch nicht zu spät ist und noch nicht alles verloren ist, wird ein guter Anwalt Ihnen eine passende Strategie vorschlagen und die damit verbundenen Risiken klar und verständlich erläutern.
 
					