Für die Bestimmung des Ortes der Besteuerung unterscheidet die bulgarische Gesetzgebung zwei Grundarten von Personen – Inländer und Ausländer. Der Hauptunterschied besteht darin, dass in Bulgarien lediglich die im Land erwirtschafteten Einkommen der Ausländer (gem. den Vorschriften über die Quellensteuer) die aus der ganzen Welt erwirtschafteten Einkommen der Inländer (Einkommen, die im Land oder Ausland erzielt worden sind) besteuert werden. D. h. dass sofern Einkommen an einen Ausländer in Bulgarien geflossen ist, unterliegt er der Besteuerung sowohl im Land als auch in dem Staat, in welchem er als Inländer legitimiert ist. Damit die Besteuerung optimiert wird und um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, unterzeichnen die Staaten entsprechende Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA). Einer der Hauptaspekte des DBA ist die Bestimmung des Orts, an dem die Personen ihre Einkommen zu besteuern haben.
In diesem Artikel werden die Bedingungen und Verfahren zur Legitimation einer Person als Inländer gemäß dem Einkommensteuergesetz für natürliche Personen (EStGnP), - anwendbar für natürliche Personen; und gemäß dem Körperschaftsteuergesetz (KStG), das für die juristischen Personen Anwendung findet.
I. Einkommensteuergesetz
Gemäß Art. 4 EStGnP gilt als Inländer, unabhängig von der Staatsbürgerschaft, jemand, der:
- seinen festen Wohnsitz in Bulgarien hat;
- sich für mindestens 183 Tage binnen einen 12-monatigen Zeitraums in Bulgarien aufhält;
- seinen Lebensmittelpunkt in Bulgarien hat;
- vom bulgarischen Staat oder seinen Organen ins Ausland entsandt worden ist, sowie Mitglieder seiner Familie
Eine Person kann gleichzeitig in zwei Ländern nach deren jeweiligen Gesetzen ansässig sein. Dies würde bedeuten, dass sie ihr Einkommen in beiden Ländern versteuern müsste. Aus diesem Grund haben die meisten Länder Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) abgeschlossen. Darin sind so genannte "Tie-Breaker-Regeln" festgelegt.
Das wichtigste Kriterium ist der feste Wohnsitz der Person. Für die Zwecke des EStGnP gilt als solcher die Adresse in einem Ort innerhalb des Hoheitsgebiets der Republik Bulgarien, an welchem der Bürger im Einwohnermelderegister gemeldet ist. Diese Adresse wird in jedem Ausweisdokument (z. B. Personalausweis, Reisepass, Aufenthaltstitel für Unionsbürger u. a.) der Person eingetragen. Die vollständige Liste der Dokumente ist unter den Art. 13 und 14 vom Gesetz über die bulgarischen Ausweisdokumente aufgeführt.
Sollte jemand keinen festen Wohnsitz in Bulgarien haben, wird das zweite Kriterium abgeklärt und zwar die Dauer seines Aufenthaltes auf dem Hoheitsgebiet des Landes. "Das Gesetz enthält keine spezifische Definition des Begriffs "Mittelpunkt der Lebensinteressen". Er bezieht sich auf die Familie, das Vermögen, den Ort, von dem aus die Person ihre Beschäftigung, ihren Beruf oder ihr Gewerbe ausübt, oder den Ort, von dem aus sie ihr Vermögen verwaltet. Wenn die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in beiden Ländern hat, wird das Kriterium des "gewöhnlichen Aufenthalts" geprüft.
Eine inländische natürliche Person, ungeachtet der Staatsbürgerschaft, ist diese, die sich mindestens 183 Tage binnen eines zwölfmonatigen Zeitraums in Bulgarien aufhält, einschließlich des Einreise- und Abreisetags. Es ist wichtig zu vermerken, dass der Aufenthalt zu Ausbildungszwecken oder medizinischer Behandlung bei der Berechnung des Aufenthalts in Bulgarien nicht berücksichtigt werden (Art. 4 Abs. 3 EStGnP). Im Gesetz sind keine konkreten Nachweise der Aufenthaltsdauer festgelegt. Zu diesem Zweck können Erklärungen der Person oder sämtliche Unterlagen, auf welche die im Land zuständigen Behörden die Ausreise- und Einreisedaten vermerken, dienen. In der Praxis fordern die Sachbearbeiter der NEA oft während des Verfahrens zur Ausstellung einer Ansässigkeitsbescheinigung für bestimmte Zeiträume als Zusatznachweise für den Aufenthalt des Antragstellers im Inland/Ausland Flugtickets und Bordkarten der Person für die Ein- und Ausreise nach Bulgarien an. Von besonderer Bedeutung ist ob die Ansässigkeitsbescheinigung einer Person aus einem EU-Mitgliedstaat vor länger als 183 Tagen ausgestellt worden ist. Es ist möglich dass als Zusatzunterlagen auch Eigentumsnachweise für Immobilien, Mietverträge bzw. solche mit Internet-, Fernsehen- und/ohne Mobilfunkanbieter angefordert werden.
Jemand, der sich im Land aufhält, aber dessen Lebensmittelpunkt an einem anderen Ort ist, gilt nicht als Inländer. Somit ist der Lebensmittelpunkt ein äußerst wichtiger Faktor. Das Gesetz gibt keine genaue Begriffsbestimmung dafür. Er ist mit der Familie, dem Eigentum, dem Ort, von dem aus jemand seine Beschäftigung, berufliche oder wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, oder der Ort, von dem aus jemand sein Eigentum verwaltet.
Für Bulgarien gelten als Steuerinländer, ungeachtet der Staatsangehörigkeit, auch diese Personen und ihre Familienmitglieder, die vom bulgarischen Staat, dessen Behörden oder Unternehmen ins Ausland entsendet worden sind. Wenn die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Ländern hat, wird ihre Staatsangehörigkeit berücksichtigt. Ist er Staatsangehöriger beider Länder, müssen sie sich einigen.
Diese vier Bedingungen werden durch diese DBA berücksichtigt, die auf das Modell der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beruhen. Sie finden jedoch für die im Anwendungsbereich fallenden DBA, die aus diesem Modell ausgeschlossen sind, keine Anwendung. Das sind die Abkommen, die Bulgarien mit Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und Malta geschlossen hat. Das Hauptkriterium für diese DBA ist die Staatsangehörigkeit.
II. Körperschaftsteuergesetz (KStG)
Gemäß Art. 3 dieses Gesetzes gelten als Steuerinländer diejenigen, die:
- laut der bulgarischen Gesetzgebung juristische Personen sind;
- die Gesellschaften und Genossenschaften, die laut den Verordnungen des Europäischen Rates gegründet worden sind, deren Sitz sich im Land befindet und im bulgarischen Register eingetragen sind.
Ein solches Register ist das Bulstat-Register. Das ist das Hauptregister, das für die einheitliche Identifikation sämtlicher juristischer Personen und andere Objekte, die eine wirtschaftliche Tätigkeit im Land ausüben, dient.
III. Verfahren zur Erlangung einer Ansässigkeitsbescheinigung als Steuerinländer
Die Ansässigkeitsbescheinigungen werden von der zuständigen territorialen Direktion der NEA ausgestellt. Zum Erhalt der Ansässigkeitsbescheinigung im Sinne des DBA ist ein Antrag auf Ausstellung dieser bei der kompetenten territorialen Direktion der NEA zu stellen.
Der Antrag besteht aus 2 Teilen::
- allgemeine Angaben zur Person
- Erklärung über die Zeiträume für den Aufenthalt im Ausland, sowie Fragebogen, der Informationen über Eigentum an Immobilien in Bulgarien/Ausland, Hauptwohnung in Bulgarien/im Ausland, ausgeübte Tätigkeit in Bulgarien/Ausland u.a. Vor Eintritt der Änderungen wurden diese zwei Abschnitte in zwei Anträge aufgeteilt.
Es ist wichtig, im Antrag anzugeben, für welches Land und für welches Jahr sie ausgestellt wird, da für verschiedene Jahre und/oder Länder separate Anträge auf Aufenthaltsbescheinigung ausgefüllt werden.
Eine Ansässigkeitsbescheinigung kann für das laufende Jahr (es wird empfohlen, dies in der zweiten Jahreshälfte zu tun) oder für ein früheres Jahr beantragt werden. Falls erforderlich, kann die NRB auch ein ausländisches Formular für ein anderes Land bescheinigen.
Die Unterlagen können persönlich, per Post oder durch einen Bevollmächtigten eingereicht werden, indem im letzteren Fall auch eine Ablichtung der notariell beglaubigten Vollmacht beizufügen ist.
Die Fristen zur Ausstellung der Bescheinigung sind wie folgt:
- bei Einreichung der Unterlagen bei der örtlich zuständigen Direktion der NEA - 7 Tage;
- bei Einreichung der Unterlagen in jede andere als die örtlich zuständigen Direktion – 14 Tage.
Im Laufe der Bearbeitung behält sich die NEA das Recht vor Zusatzinformationen bzw. –unterlagen zwecks Feststellung der Ansässigkeit anzufordern. Sollte die Bescheinigung nicht innerhalb dieser festgelegten Frist seitens der NEA ausgestellt werden, bedeutet es, dass eine solche für diese Person nicht ausgestellt werden wird und ihr somit eine stillschweigende Ablehnung erteilt worden ist. Die Bescheinigung für Inländer wird für jedes Kalenderjahr ausgestellt und ist nur für dieses gültig.
Die Überprüfung wird durch die Ausstellung einer Bescheinigung abgeschlossen:
- eine Wohnsitzbescheinigung im Sinne des Übereinkommens
- Wohnsitzbescheinigung im Sinne des FATL
- Verweigerung der Ausstellung einer Wohnsitzbescheinigung
Mit jedem Jahr verstärkt die NEA ihre Kontrolle über die Ausstellung von Aufenthaltsbescheinigungen. Ein Beispiel aus der Praxis der letzten Jahre ist die Verweigerung der Ausstellung einer Wohnsitzbescheinigung im Sinne des DBA für eine Person, die nicht im bulgarischen Hoheitsgebiet versichert war, sondern in einem anderen Mitgliedstaat Sozialversicherungsbeiträge entrichtet hat. Die Person erfüllt alle Voraussetzungen für einen Einwohner im Sinne des Abkommens (Staatsangehörigkeit, ständiger Wohnsitz in Bulgarien, Wohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen), aber die NEA stellt nur eine Wohnsitzbescheinigung nach dem örtlichem Recht aus.
Zusätzlich zu den Standardnachweisen für die Ausstellung einer Aufenthaltsbescheinigung verlangt die NEA zunehmend amtliche Abmeldebescheinigungen von ausländischen Gemeinden sowie amtliche Bescheinigungen für das Überschreiten der Grenzübergangsstellen der Republik Bulgarien von der Direktion “Migration” des Innenministeriums. In bestimmten, komplexeren Fällen werden sogar Gegenkontrollen bei den Vermietern der Personen verlangt.