Dieser Artikel bezweckt die Erörterung beider Formen der Annahme einer Erbschaft nach bulgarischem Recht, und zwar die ausdrückliche und stillschweigende Willenserklärung mit Schwerpunkt auf die stillschweigende Willenserklärung, da sie in der Praxis zu mehr Rechtsstreitigkeiten führt. Hier werden auch die Möglichkeit zur Ausschlagung der Erbschaft in Bulgarien sowie die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen erwähnt.
Die Regelungen zur Annahme und Ausschlagung einer Erbschaft sind im blgarischen Recht im vierten Kapitel des Gesetzes über die Erbschaften (EG) (in Kraft ab dem 30.04.1949) zu finden.
Der Erbfall tritt mit dem Tod des Erblassers ein. Gleichzeitig wird auch das Erbrecht bewirkt. Nach Maßgabe des geltenden Gesetzes über die Erbschaften erwirbt des Erbe die Erbschaft nicht automatisch mit dem Tod des Erblassers sondern die Annahme bedarf seiner Willenserklärung. Dies setzt zwei Möglichkeiten – der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft – voraus.
I. Annahme der Erbschaft
Im Wesentlichen stellt in Bulgarien die Annahme der Erbschaft die Ausübung des Erbrechts dar. Mit den Änderungen des EG von 1992 sind die Fristen zur Annahme der Erbschaft in Bulgarien entfallen. Die Annahme ist eine einseitige Willenserklärung, mit der der Erbe seinen Willen zum Erwerb der sich aus dem Nachlass ergebenden Rechten und Pflichten bekundet. Das trifft sowohl für die gesetzliche als auch für die testamentarische Erbfolge zu. Nach Art. 54 Abs. 1 EG kann die Annahme nicht unter einer Zeitbestimmung, Bedingung oder Einschränkung auf einen Teil der Erbschaft erfolgen. Hat der Erbe die Erbschaft in Bulgarien einmal angenommen, kann er die Annahme nicht mehr verweigern oder die Erbschaft ausschlagen.
Nach Maßgabe des bulgarischen Erbrechts kann die Erbschaft auf zwei Arten angenommen werden. Die erste Form der Annahme ist in der Praxis weiter verbreitet und wird als ausdrückliche Annahme der Erbschaft bezeichnet, da sie mit dem Einreichen einer schriftlichen Willenserklärung durch die Person in der Eigenschaft als Erbe beim für den Erbfall zuständigen Amtsgericht einhergeht. In diesem Fall wird nach Art. 49 Abs. 1 vom Gesetz über die Erbschaften die Annahme in einem vom Amtsgericht geführten und aufbewahrten Sonderband eingetragen. Die Person hat im Antrag ihren ausdrücklichen Willen zur Annahme der Erbschaft zu bekunden. Die zweite Form der Annahme wird in der Theorie und Praxis als stillschweigende Annahme der Erbschaft bezeichnet und ist unter Art. 49 Abs. 2 EG geregelt, und zwar: "Die Annahme tritt auch bei Handlungen des Erben, die zweifelslos seine Annahme der Erbschaft voraussetzen oder wenn er Nachlassvermögen verbirgt, in Kraft. Im letzten Fall verliert der Erbe seinen Anspruch am verborgenen Anteil des Nachlassvermögens."
Typisch für diese Art der Annahme ist, dass der Erbe seinen Willen zur Annahme der Erbschaft nicht ausdrücklich bekundet, jedoch verschiedene Handlungen ausführt, aus denen sein Willen zur Annahme des Nachlasses des Verstorbenen zweifelsfrei konkludiert werden kann, genauso wie bei der Verheimlichung von Nachlassvermögen. In diesem Artikel werden einige Beispiele für Rechtshandlungen aufgeführt, die gemäß der Rechtsprechung als stillschweigende Annahme der Erbschaft ausgelegt werden können.
II. Arten der Annahme einer Erbschaft
A. Ausdrückliche Annahme
1. Die Ausdrückliche Annahme der Erbschaft erfolgt durch schriftlichen Antrag beim für den Erbfall zuständigen Amtsgericht. Der Antrag wird in einem Sonderband eingetragen und kann danach nicht mehr widerrufen werden (Art. 49 Abs. 1 EG). Die Erbschaft annehmenden Erben haften für die Nachlassverbindlichkeiten anteilig, d. h. es handelt sich hier um eine geteilte Haftung zwischen den Miterben, also tragen die Erben mit einer höheren Erbquote auch eine größere Haftung und höhere Nachlassverbindlichkeiten.
2. In Bulgarien besteht auch die Möglichkeit zur Annahme der Erbschaft durch den Erben mit Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars durch Antragstellung beim zuständigen Amtsgericht innerhalb einer Frist von drei Monaten ab dem Bekanntwerden des Erbfalls. Diese Frist kann vom Amtsrichter um bis zu weiteren drei Monaten verlängert werden. Die Annahme wird in einem Sonderband eingetragen. Geschäftsunfähige, staatliche und kommunale Einrichtungen dürfen Erbschaften nur mit der Rechtswohltat des Inventars antreten, für sie gilt jedoch die Frist von drei Monaten nicht. Der Sinn der Erbschaftsannahme mit der Rechtswohltat des Inventars ergibt sich aus der beschränkten Haftung des Erben gegenüber Nachlassgläubiger und Vermächtnisnehmer – er haftet nur bis zur Höhe des angenommenen Nachlasses (Art. 60 Abs. 2 EG). Das bedeutet praktisch, dass die Nachlassgläubiger den Erben nur bis zur Höhe seiner Erbquote haftbar machen können.
Die Erbschaftsannahme mit Rechtswohltat des Inventars bewirkt für den Erben folgende Pflichten:
- Verbot zur Veräußerung von Mobilien bis zu 3 Jahren und Immobilien – bis zu 5 Jahren. Bei Verstoß gegen das Verbot entfällt die Haftungsbeschränkung:
- Verwaltung des Nachlassvermögens mit der Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheiten;
- Berichterstattung zur Nachlassverwaltung an die Nachlassgläubiger und Vermächtnisnehmer.
B. Stillschweigende Annahme
1. Nicht konkludentes Handeln
Nach Maßgabe der überwiegenden Rechtsprechung und den mit Erlass Nr. 4/1964 der Versammlung des OG unter Nr. 14 gilt als nicht konkludentes Handeln die vorübergehende Verwaltung des Nachlasseigentums oder die Handlungen zur dessen Erhaltung. Das ergibt sich daraus, dass solche Handlungen als gewöhnliche Verwaltung qualifiziert werden und sie den Erwerb von Rechten an ein bestimmtes Vermögen nicht bezwecken, sondern lediglich auf dessen Erhaltung oder Aufbewahrung ausgerichtet sind.
Zum Beispiel kann aus der Nutzung einer Immobilie sowie aus der Zahlung von Strom-, Wasser-, Heizungskosten usw. allein nicht eindeutig geschlossen werden, dass die Person, die sie ausführt, die Erbschaft annehmen will. Selbstverständlich kann im Einzelfall nach Erwägung weiterer Tatsachen zur Sache das Gericht annehmen, dass es sich dabei um eine stillschweigende Erbschaftsannahme handelt, dafür ist jedoch jeder Einzelfall selbständig und auch unter Berücksichtigung der restlichen Umstände, aufgrund welchen eindeutig konkludiert werden kann, dass die Person das Nachlassvermögen annehmen will, auszuwerten. Ein weiteres Beispiel ist die Geltendmachung von Besitzansprüchen, mit denen der Erbe den Schutz der Immobilie vor Eingriffe Dritter bezweckt, da bei diesen Ansprüchen nicht das Eigentumsrecht an der Immobilie gegenständlich ist, sondern die Prüfung der sachverhaltlichen Besitzverletzung. Die Geltendmachung eines Herausgabeanspruchs stellt jedoch eine Handlung zur Erbschaftsannahme dar – bei diesem Anspruch ersucht der Kläger um die Verteidigung seines Eigentumsrechts und aus diesem Grund wird daraus konkludiert, dass er die Erbschaftsannahme stillschweigen bekundet.
2. Konkludentes Handeln
Zu dieser Kategorie gehören sämtliche in Bezug auf das Nachlassvermögen ausgeführten Verwaltungshandlungen wie Veräußerung, Tausch, Schenkung, Einbringung als Sacheinlage in Kapitalgesellschaften usw. Die Geltendmachung eines bereits oben erwähnten Herausgabeanspruchs sowie die Geltendmachung von Teilungsklagen gehören zu den Handlungen, mit denen die Person die Erbschaftsannahme, obwohl nicht ausdrücklich, bekundet. In der Praxis wird jedoch angenommen, dass für die Person, die das Teilungsverfahren für das Nachlassvermögen nicht initiiert hat, sondern sich ihm widersetzt, keine stillschweigende Erbschaftsannahme vorliegt. Bei diesen Hypothesen sind also die Handlungen und das Verhalten der Person während des Verfahrens selbst und nicht nur ihre formelle Prozessbeteiligung abzuwägen. Ein typisches Beispiel aus der Praxis für das Handeln zur Erbschaftsannahme ist die Antragstellung zur Erteilung einer notariellen Feststellungsurkunde für eine Immobilie. Mit dieser Handlung ist der Erbe in der Tat gewillt, sich als Eigentümer der entsprechenden Immobilie vor Dritten auszuweisen und obwohl eine ausdrückliche Willenserklärung in diesem Sinne fehlt, wird daraus konkludiert, dass er die Erbimmobilie erwerben möchte.
In Bezug auf die Mobilien und monetären Verbindlichkeiten des Erblassers können als Beispiele für die Erbschaftsannahme folgende genannt werden: Tilgung der Erblasserschulden von seinen Erben; Auszahlung von Geldbeträgen aus seinen Konten.
Der Erbe nimmt die Erbschaft auch dann an, wenn er ein bestimmtes zur Erbmasse gehörendes Nachlassvermögen den anderen Erben gegenüber verheimlicht. Es reicht auch wenn nur ein Teil des Nachlassvermögens verheimlicht wird, um anzunehmen, dass der Erbe den gesamten Nachlass angenommen hat. Das ergibt sich daraus, dass nach Maßgabe des Art. 54 Abs. 1 EG eine Annahme nicht teilweise erfolgen darf, sondern den gesamten Nachlass zu erfassen hat. Bei einer Verheimlichung von Nachlassvermögen wird diesem Erben von Rechts wegen die Möglichkeit genommen, einen Erbteil daran zu erwerben und der Nachlass wird von den restlichen Erben beerbt.
3. Als konkludent zu deutendes Handeln
In der Praxis bestehen auch grenzwertige Hypothesen, bei denen bestimmte Handlungen nicht eindeutig als Handlungen zur Annahme der Erbschaft konkludiert werden können, sie stellen jedoch auch keine Handlungen der gewöhnlichen Verwaltung dar. Bei diesen Handlungen ist der Einzelfall auf dem Hintergrund der restlichen Tatsachen bezogen auf den Wunsch des Erben zur Annahme der Erbschaft abzuwägen.
Ein typisches Beispiel ist dafür die Erbschaftssteuererklärung, die bei der zuständigen Gemeinde eingereicht wird. Das Einreichen selbst, stellt eine verwaltungsrechtliche Pflicht der die Eigenschaft des Erben verkörpernden Personen gegenüber der zuständigen Gemeinde, die nach Maßgabe des Gesetzes über die kommunalen Steuern und Abgaben die zu leistende Steuer festzulegen hat, dar. Die Nichterfüllung dieser Pflicht wird verwaltungsrechtlich geahndet und in diesem Sinne kann daraus nicht geschlussfolgert werden, dass das Einreichen dieser Steuererklärung jedenfalls eine Willenserklärung zur Annahme der Erbschaft darstellt. In diesem Fall ist das restliche Handeln der die Eigenschaft eines Erben verkörpernde Person abzuwägen, um ihren Willen unmissverständlich feststellen zu können. Sollte sie z. B. eine solche Erklärung bei der zuständigen Gemeinde einreichen, die zu entrichtende Gebühr leisten und nach einiger Zeit Verfügungshandlungen in Bezug auf die geerbte Immobilie durch einen Kaufvertrag ausführen, besteht kein Zweifel daran, dass sie die Erbschaft angenommen hat.
4. Rechtsfolgen der stillschweigenden Annahme der Erbschaft
Das Gesetz stellt die beiden Formen der Annahme der Erbschaft aus der Sicht ihrer Rechtsfolgen gleich – sowohl bei der ausdrücklichen als auch bei der stillschweigenden Annahme gilt, dass der Erbe die Erbschaft rückwirkend angenommen hat, d. h. nicht etwa ab dem Zeitpunkt der Annahme, sondern ab dem Erbfall – mit dem Tod des Erblassers. Ab diesem Zeitpunkt gehen sowohl die Rechte des Erblassers als auch seine Verbindlichkeiten auf sie über, wobei es sich bei den Pflichten nach Art. 60 Abs. 1 EG um eine Einzelhaftung und nicht etwa um eine gesamtschuldnerische Haftung handelt – jeder haftet anteilig nach Maßgabe des erhaltenen Anteils, wobei ein größerer Anteil an den Rechten auch die Übernahme eines höheren Anteils der Verbindlichkeiten zur Folge hat.
Hierbei ist es wichtig zu vermerken, dass bei einer Annahme der Erbschaft, unabhängig ob dies ausdrücklich oder stillschweigen erfolgt, eine spätere Ausschlagung nicht zulässig ist, d. h. die Annahme ist unwiderrufbar und das geerbte Vermögen kann zu einem späteren Zeitpunkt zur Erbmasse nicht abgetreten werden.
Angesichts des hier Aufgeführten, ist der Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft von wesentlicher Bedeutung, da er sowohl für die Übertragung des geerbten Vermögens vom Erblasser an die Erben als auch für die Regelung der Beziehungen zwischen den Erben und Vermeidung von möglichen Streitigkeiten von wesentlicher Bedeutung ist.
III. Ausschlagung einer Erbschaft
Die Ausschlagung der Erbschaft stellt an sich den Verzicht auf die Geltendmachung eines Anspruchs auf den Nachlass dar und muss im Gegensatz zur Annahme der Erbschaft ausdrücklich erfolgen, da das Gesetz keine Möglichkeiten zum konklundenten Handeln zur Ausschlagung der Erbschaft vorsieht. Die Ausübung dieses Rechts erfolgt wie bei der ausdrücklichen Annahme durch schriftlichen Antrag an den Amtsrichter, der ihn in einem Sonderband einträgt. Eine bedingte, befristete oder teilweise Ausschlagung ist unwirksam. Der Ausschlagende verliert sein Recht auf Annahme der Erbschaft, kann jedoch das Vermächtnis, sofern im Testament enthalten, annehmen. Durch die Ausschlagung werden die Anteile der anderen Erben erhöht, d. h. dass in diesem Fall nach Abzug des ausgeschlagenen Anteils die Erbanteile von allen Miterben erneut zu berechnen sind. Hier ist wichtig zu berücksichtigen, dass das Gesetz hier den Gläubigern die Gelegenheit zum Schutz ihrer Interessen einräumt. Die Gläubiger des Ausschlagenden können die Löschung der Ausschlagung zu ihrem Gunsten verweigern, sofern sie von dem Vermögensgegenständen des Erben nicht befriedigt werden können (Art. 56 Abs. 1 EG). Sie können von diesem Recht innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Bekanntwerden der Ausschlagung jedoch bis zu drei Jahren nach der Ausschlagung Gebrauch machen.
1. Allgemeines
Mit der Änderung des EG von 1992 verjähren der Erbanspruch oder Ausschlagung nicht. Der Amtsrichter kann jedoch auf Antrag eines Betroffenen, den Erbberechtigten eine Frist zur Erklärung der Annahme oder Ausschlagung einräumen. Sofern ein Verfahren gegen den Erben anhängig ist, ist diese Frist vom verhandelnden Gericht festzulegen. Sollte der Erbe innerhalb der eingeräumten Frist nicht Bezug nehmen, verliert er seinen Erbanspruch. Seine Erklärung wird in einem Sonderband eingetragen (Art. 51).