Immer mehr ausländische Arbeitgeber richten bei der Suche von Arbeitskräften ihr Augenmerk auf Bulgarien, das sich in der steigenden Auslagerung von Leistungen und IT-Dienstleistungen äußert. Manche dieser ausländischen juristischen oder natürlichen Personen üben ihre Geschäfts- oder Berufstätigkeit in einem oder mehreren EU-Mitgliedstaaten weiterhin aus, ohne ihren Sitz oder Wohnsitz zu ändern, Tochtergesellschaften oder Niederlassungen in Bulgarien anzumelden. Sie gehen jedoch Beschäftigungsverhältnisse mit in Bulgarien ansässigen und arbeitenden Personen ein, ohne eine Betriebsstätte einzurichten. Die rechtmäßige Entfaltung dieser grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnisse bedarf der Beantwortung der Frage, welches Recht in diesen Fällen anzuwenden wäre, dem nicht nur die Höhe des Entgelts und die Zahlungsmodalitäten, sondern auch die Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen und Anmeldung des ausländischen Arbeitgebers in Bulgarien unterliegen.
II. Anwendbares Recht
Um diese Frage zu beantworten, ist die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, nachfolgend „die Verordnung“ genannt, zu berücksichtigen. Laut Artikel 11 der Verordnung unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats, in diesem Fall – Bulgarien. D. h. die Berechnung und Zahlung des Entgelts und der Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitnehmer/Angestellten, die sich auf dem Hoheitsgebiet der Republik Bulgarien aufhalten, erfolgt nach bulgarischem Recht. Eine Anwendung finden auch die Bestimmungen des Artikels 21 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009, indem der Arbeitgeber, der seinen eingetragenen Sitz oder seine Niederlassung außerhalb des zuständigen Mitgliedstaats hat, den Pflichten nachzukommen hat, die die auf seine Arbeitnehmer anzuwendenden Rechtsvorschriften vorsehen, namentlich der Pflicht zur Zahlung der nach diesen Rechtsvorschriften vorgeschriebenen Beiträge, als hätte der Arbeitgeber seinen eingetragenen Sitz oder seine Niederlassung in dem zuständigen Mitgliedstaat. Daraus folgt, dass der ausländische Arbeitgeber, der einen Arbeitsvertrag mit einem in Bulgarien ansässigen Arbeitnehmer oder Angestellten, der seine Arbeitsleistung ebenfalls in Bulgarien erbringt, geschlossen hat, dem bulgarischen Sozial- und Arbeitsrecht unterliegt und dementsprechend die Sozialversicherungsbeiträge im Land zu leisten hat, unabhängig davon, dass er seinen eingetragenen Sitz oder Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat hat.
II. Anmeldung bei der Nationalen Einnahmenagentur (NEA)
Gemäß den Vorschriften des bulgarischen Sozialversicherungsgesetzbuchs ist jeder Arbeitgeber zur Berechnung und Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zugunsten seiner Arbeitnehmer oder Angestellten verpflichtet und daraus ergibt sich seine Funktion eines „Versicherungsträgers“. Die NEA führt Register der verpflichteten Personen, indem eine Anmeldung darin aufgrund der im Handelsregister, BULSTAT-Register und weiteren öffentlichen Verzeichnissen bekanntgegebenen Daten von Amts wegen erfolgt. Da es sich bei dieser Hypothese um eine ausländische Person handelt, die in diesen Verzeichnissen nicht angemeldet ist, sind zusätzliche Unterlagen zur Identifizierung dieser Person und Zuweisung einer Dienstnummer seitens der NEA einzureichen. Diese Unterlagen hat der Arbeitgeber bei der Erfüllung seiner Pflichten nach Art. 62 Abs. 3 vom bulgarischen Arbeitsgesetzbuch zur Übermittlung einer Anmeldung an die NEA bezüglich des Abschlusses eines Arbeitsvertrags einzureichen. Innerhalb einer Frist von 3 Tagen sind neben dem Arbeitsvertrag folgende Unterlagen zu übermitteln:
- aktueller Auszug aus dem Handelsregister für die ausländische juristische Person, ausgestellt von der zuständigen Behörde am Sitz der Gesellschaft, welcher Auszug, ausgenommen mancher Ausnahmen (z. B. für Urkunden der in Österreich ansässigen Personen) mit einer Apostille und einer Übersetzung ins Bulgarische durch einen öffentlich anerkannten Übersetzer einhergehen muss. Aus dem Auszug sollte ersichtlich sein:
- Firma und Registrierungsnummer der juristischen Person, sofern vorhanden;
- Vertreter und Vertretungsregelung;
- Sitz und Geschäftsanschrift u.a.
- Bescheinigung über die steuerliche Anmeldung, ausgestellt vom Finanzamt am Sitz der Gesellschaft. Diese ist ebenfalls mit einer Apostille zu beglaubigen.
Nach Eingang dieser Unterlagen bei der NEA werden sie von den Beamten geprüft und anschließend wird dem ausländischen Arbeitgeber aufgrund von Art. 82 Abs. 4 SVGB eine Dienstnummer zugewiesen.
Der ausländische Arbeitgeber hat die Arbeitsverträge mit seinen Angestellten in Bulgarien nach bulgarischem Recht abzuschließen.
Nach der Anmeldung als ausländischer Arbeitgeber ist das Unternehmen (persönlich oder durch einen Vertreter) verpflichtet, monatliche Erklärungen über die an der NEA zu leistenden Steuern und Versicherungsbeiträgen einzureichen. Daher wird dringend empfohlen, dass der Arbeitgeber ein Konto in Bulgarien eröffnet, um die Zahlungen an den Fiskus vorzunehmen. Erfahrungsgemäß werden Versicherungsbeiträge und Steuern, die von einem ausländischen Konto überwiesen werden, häufig seitens der NEA falsch gebucht.